17.06.2020
Eine freie Übersetzung eines Artikels der französischen trotzkistischen Organisation Lutte Ouvriere
Die Schockwelle durch den Mord von George Floyd in Minneapolis breitet sich auf der ganzen Welt immer mehr aus. In den letzten Tagen haben in den USA wieder hunderttausende Leute demonstriert, um ihrer Wut Luft zu lassen. Ihre Wut gegen den rassistischen, kaltblütigen Mord eines Mannes, der am Boden liegt, Handschellen trägt, während er sagt, dass er nicht mehr atmen kann, der dabei ist zu sterben. Ihre Wut gegen diese düstere Erinnerung an die Zeit der Lynchjustiz und der Rassentrennung, dieser Barbarei, durch die der amerikanische Kapitalismus groß geworden ist. Wie bei einer Rede gesagt wurde, ist dieses Knie auf dem Nacken von George Floyd dasjenige, das die amerikanischen Schwarzen seit langer Zeit zertritt. Sie sind heute noch in der Arbeit diskriminiert, in Wohnangelegenheiten, in der Bildung und in der Gesundheit, wie es der schwere Tribut zeigt, den sie dem Corona-Virus gezahlt haben.
Als Obama gewählt wurde, haben manche behauptet, es wäre der Beweis, dass das Land das Erbe der Sklaverei und der Rassentrennung endlich hinter sich gelassen hätte. Man sieht heute, dass dieser Rassismus immer noch den amerikanischen Staatsapparat vergiftet, und zwar von der Basis bis zur Spitze. An der Basis mit diesen rassistischen Polizisten, die das bürgerliche Gesetz und das bürgerliche Eigentum verteidigen wollen und für die das Leben der Armen, vor allem der Schwarzen, nicht viel Wert ist. Mit Richtern, die mit voller Härte vorgehen. An der Spitze mit Menschen wie Trump, der seine politische Karriere darauf aufgebaut hat, dass er die Schwarzen stigmatisiert hat.
Der Wutausbruch der letzten Tage wird wahrscheinlich auch von der schrecklichen Krise genährt, die die amerikanische Arbeiter/innenklasse durchmacht: 41 Millionen entlassene Arbeitender und unzählige Menschen, die sich anstellen, um Nahrungshilfe zu bekommen … während die Börse - die Wall Street - Profite wie vor der Epidemie macht.
Die Ausdehnung der Demonstrationen auf die ganze Welt, von Buenos Aires bis Sydney, von Jerusalem bis Montreal, von Nairobi bis Tokyo, ergibt sich aus der Tatsache, dass der Rassismus überall da ist. Überall sucht die Brutalität diejenigen heim, die aus der Sicht der Polizisten die falsche Hautfarbe, die falsche Nationalität haben und die, wie George Floyd, das Unglück haben, arm zu sein.
In Österreich ist die Realität nicht anders : Erinnern wir uns an den Fall von Marcus Omofuma. Ihm wurden bei seiner Abschiebung Mund und Nase von Polizisten mit Klebebändern zugeklebt. Er erstickte. Die Polizisten konnten trotzdem weiterhin als Polizisten arbeiten. Oder Cheibani W. Oder was zuletzt bekannt wurde: Nämlich, dass ein Polizist einem am Boden liegenden Obdachlosen einen Handschuh mit Pfefferspray ins Gesicht gerieben hat.
Ja, die Polizei ist zugleich vom Rassismus durchdrungen und gewaltsam, besonders gegen die Migrant/innen und die Ärmsten. Die kapitalistische Klasse und ihr Staat stützen sich auf sie. Überall verteidigen Polizei und Staat ein System, dem Ausbeutung und soziale Ungleichheiten zugrunde liegen. Was überall den Gebrauch von Zwang und Gewalt bedeutet. Überall sorgen Polizei und Armee dafür, dass die Unterdrückten die Unterdrückung ertragen, ohne zu rebellieren. Überall verteidigen sie das private Eigentum in der Wirtschaft und das heilige Gesetz des individuellen Profits.
Überall bringt der Kapitalismus alle diese Vorurteile mit sich, die Proletarier anderen Proletariern gegenüberstellen: Rassismus, Nationalismus, Ausländerfeindlichkeit und Sexismus. Überall trennt der Kapitalismus die Arbeitenden, um besser zu herrschen. Er hetzt die Armen gegen andere Arme auf. Und überall, in Minneapolis wie woanders, stützen sich die kapitalistischen Staaten auf Handlanger, die diese Trennungen aufrechterhalten.
Deshalb können wir nur hoffen, dass dieser neueste Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt weiter geht, stärker wird und die Wurzeln des Übels angreift: den Kapitalmus selbst.