2.3.2022
Zerbombte Städte, Familien, die in Schutzräumen und U-Bahn-Stationen Zuflucht suchen oder auf der Flucht vor den Straßenkämpfen sind ... Die Ende Februar von Putin beschlossene Militärintervention hat die Ukraine in den Schrecken eines ungeheuerlichen und geschwistermörderischen Krieges gestürzt. Dieser Konflikt hetzt Menschen gegeneinander auf, die seit langem eine gemeinsame Kultur teilen und jahrzehntelang in der Sowjetunion zusammenlebten. Familien, in denen sich Russen und Ukrainer mischten, lebten auf beiden Seiten einer Grenze, die damals kein Hindernis für ein Zusammenleben darstellte. Heute ist der übersteigerte Nationalismus dabei, eine blutige Kluft zwischen diesen Völkern zu graben.
Putins Angriff auf die Ukraine ist kriminell. Wir müssen unsere volle Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und in Russland, wo Tausende von Antikriegsdemonstrant/innen festgenommen wurden, ausdrücken. Es ist jedoch die Politik der westlichen Großmächte, die die Ukraine zum Schauplatz ihres Machtkampfes mit Russland gemacht hat. Seit dem Ende der Sowjetunion 1991 haben die US-Politiker den militärischen Druck auf Russland kontinuierlich erhöht. Die NATO, das Bündnis, das zur Zeit des Kalten Krieges zur Isolierung und Schwächung der Sowjetunion gegründet wurde, wurde nie aufgelöst. Sie verfolgte weiterhin eine Politik der Einkreisung und bezog dabei die an Russland angrenzenden Staaten des ehemaligen Ostblocks mit ein. Die westlichen Politiker stellen uns Putin als den einzigen Aggressor dar, um ihre eigene überwältigende Verantwortung für die Entwicklung, die zum Krieg geführt hat, zu verschleiern. Wie hätte Biden reagiert, wenn Russland Militärstützpunkte in Mexiko oder Kanada, an den Grenzen der USA, errichtet hätte?
Biden und seine europäischen Verbündeten scheren sich nicht um die Souveränität der Ukraine und die Demokratie, die sie angeblich verteidigen. Es waren dieselben westlichen Politiker, die die USA unermüdlich unterstützten, als sie Afghanistan 20 Jahre lang besetzten, unter dem Vorwand, der Bevölkerung die „Freiheit“ zu bringen. Aber in Wirklichkeit haben sie das Land zerstört, bis es zu einem der ärmsten der Welt wurde, und schließlich den Taliban die Macht überlassen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass eines der größten Länder der EU, Frankreich, genau dasselbe in Afrika seit Jahrzehnten macht: Seine Armee unterstützt dort unermüdlich Diktaturen, ohne dass die EU ein einziges Mal protestiert hätte.
Ja, Putin ist zweifellos ein Diktator mit brutalen und kriminellen Methoden. Aber das stört die Führer der kapitalistischen Welt gar nicht. Als im Jänner Tausende russische Soldaten nach Kasachstan geschickt wurden, um bei der Niederschlagung eines Volksaufstandes gegen Preiserhöhungen zu helfen, haben die sogenannten westlichen Demokraten einfach weggeschaut. Zumal die russischen Truppen nicht nur die örtliche Diktatur schützten, sondern auch die Interessen der westlichen Großkonzerne, die in diesem Land aktiv sind, wie die amerikanische Exxon und viele andere. Kasachstan ist auch der größte Erdöllieferant Österreichs, wovon Großkonzerne wie die OMV profitieren. Putin, Biden und die anderen Führer der NATO-Staaten führen also einen Krieg auf Kosten der Völker, für die sie alle die gleiche Verachtung empfinden. Und sie wissen sich perfekt zu verständigen, wenn es darum geht, die arbeitende Bevölkerung niederzuschlagen, wenn diese ihre Wut zum Ausdruck bringt! Deshalb darf die Arbeiterschaft hier in Europa nicht hinter ihren Regierungen stehen. Dieser Krieg ist nicht unser Krieg! Um sich einer Zukunft entgegenzustellen, die aus immer größeren Krisen und immer umfassenderen Kriegen besteht, müssen wir uns weigern, unser Schicksal in die Hände der Führer der kapitalistischen Welt mit ihren Intrigen und Verschwörungen gegen die Völker zu legen. Wie der französische Arbeiterführer Jaurès vor dem Ersten Weltkrieg verkündete: „Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke das Gewitter“. Das ist immer noch wahr und deshalb gehört er gestürzt!
aus dem Französischen entlehnter Artikel von Nathalie Arthaud "Lutte Ouvrière"