Der Streik der Ölarbeiter/innen hat Anfang Februar begonnen. Mittlerweile haben 6550 Arbeiter/innen in 15 Raffinerien und Öl-Terminals die Arbeit niedergelegt. Die Arbeiter/innen kämpfen gegen die personelle Unterbesetzung und dafür, dass frühere Sicherheitsstandards wieder eingehalten werden. Betroffen von den Streiks sind die Bundesstaaten Kalifornien, Indiana, Ohio, Kentucky, Texas, Louisiana und Washington. Es ist der größte Arbeitskampf in der Ölindustrie seit 35 Jahren.
Die fünf größten Ölkonzerne, Shell, ExxonMobil, Chevron, BP und ConocoPhilips, haben im letzten Jahr etwa 90 Milliarden Dollar Gewinn gemacht und vergeuden Milliarden für Aktienrückkäufe und Dividenden für ihre wohlhabenden Investoren. Gleichzeitig sparen die Ölkonzerne bei der Sicherheit, der Ausrüstung und qualifizierten Mitarbeiter/inne/n. Immer öfter kommt es deshalb in der US-Ölindustrie zu Explosionen, Bränden und anderen Unfällen. In den letzten vier Jahren sind dabei 27 Arbeiter/innen getötet und unzählige verletzt worden.
Die den Streik führende Gewerkschaft United Steelworkers (USW) vertritt als Dachverband dreissigtausend Mitglieder, die an mehr als zweihundert Standorten der US-Öl-Raffinerien, Pipelines, Öl-Terminals und petrochemischen Anlagen im ganzen Land beschäftigt und in lokalen gewerkschaftlichen Sektionen organisiert sind. Die USW hat sich bisher auf Teilstreiks beschränkt. In den Tarifverhandlungen mit der Energiewirtschaft geht es um einen Abschluss für die kommenden drei Jahre. Bisher zeigten die Ölkonzerne wenig Entgegenkommen.
Im Folgenden dokumentieren wir einen Text zum Thema Ölarbeiterstreik, der von der US-amerikanischen trotzkistischen Organisation The Spark (die mit der französischen Lutte Ouvriere freundschaftlich verbunden ist) stammt. Es handelt sich dabei um den Leitartikel der Betriebsflugblätter, die die Genoss/inn/en Anfang März vor Großbetrieben, insbesondere der Automobilindustrie, verteilt haben.
Raffinerie-Streik: Opfert nicht euer Leben für die Konzernprofite! Kämpft!
Öl-Raffinerie-Arbeiter/innen der United Steelworkers Union (USW) haben am 1. Februar zu streiken begonnen. Bis Ende Februar haben 6500 Arbeiter/innen in 15 Raffinerien die Arbeit niedergelegt. Die Beschäftigten kämpfen auch gegen Verschlechterungen bei Gesundheitsleistungen, ihr Hauptziel ist aber die Verringerung von Mehrarbeit und die Erlangung von zumutbaren Dienstplänen.
Wie die Konzerne überall haben die großen Ölkonzerne und Raffinerien so viele Arbeitsplätze abgebaut, dass die Unterbesetzung drastisch ist. Um die gesamte Arbeit abzudecken, zwingen die Konzerne die verbliebenen Arbeiter/innen zu 12-Stunden-Schichten mit nur wenigen freien Tagen. Und selbst in der Freizeit verlangen sie von den Arbeiter/innen auf Abruf zu sein, also verfügbar zu sein, um in die Arbeit zu kommen, wenn es verlangt wird. Und da die Dienstpläne oft zwischen Tag- und Nachtschicht wechseln, wird der Schlaf- und Wachrhythmus der Arbeiter/innen ständig gestört. Diese Dienstpläne sind unmenschlich und führen bei den Arbeitenden zu Erschöpfung und Beklemmungszuständen. Familien und soziales Leben werden ruiniert, die Gesundheit der Arbeiter/innen wird zerstört und es werden ihnen Lebensjahre genommen.
Erschöpfte und ermüdete Arbeiter/inneN zu zwingen, riesige Raffinerien zu betreiben und in Gang zu halten, verwandelt ihre Arbeitsplätze in tickende Zeitbomben, die regelmäßig explodieren. Staatliche Aufsichtsorgane sind offiziell zu dem Ergebnis gekommen, dass „Arbeiter-Ermüdung" eine der Hauptursachen für die gigantische Explosion war, bei der 2005 in der BP-Texas-City-Raffinerie 15 Arbeiter/innen umgebracht wurden. Und zweifellos spielte Ermüdung eine Rolle bei einer Explosion am 18. Februar in der ExxonMobil-Raffinerie außerhalb von Los Angeles. Die Behörden sagen, dass es praktisch ein Wunder war, dass „nur" vier Arbeiter/innen verletzt wurden, als Flammen, gefährliche Gase und Asche in die Luft schossen und als eine erdbebenartige Erschütterung die riesige Raffinerie und die umliegenden Wohnhäuser, Schulen und andere Gebäude in der dicht besiedelten Nachbarschaft durchrüttelte.
Die Streikenden kämpfen auch gegen eine andere üble Praxis der Ölkonzerne: die wilden Auslagerungen an Zeitarbeitsfirmen. Das bringt den Ölkonzernen schlecht bezahlte Beschäftigte, die nach dem Kommando der Konzerns kommen und gehen. Die Streikenden heben hervor, wie gefährlich das ist. Da die Leiharbeiter/innen im Job kaum oder gar keine Rechte haben, kann sie der Boss leichter zwingen, sich zu beeilen oder gefährlichere Arbeiten durchzuführen. Das wird noch verschlimmert dadurch, dass sie an dem bestimmten Arbeitsplatz weniger Erfahrung haben.
Das, was die Ölkonzerne und Raffinerien tun, ist nichts anderes, was Konzerne und Kapitalist/inn/en überall tun, von öffentlichen bis zu privaten Unternehmen, von der Industrie bis zu den Dienstleistungen, den Schulen und dem Gesundheitswesen. Der große Unterschied ist, dass sich die Raffinerie-Arbeiter/innen entschlossen haben dagegen zu kämpfen und dass ihre Gewerkschaft schließlich einen Streik ausgerufen hat. Das ist sehr wichtig.
Aber die 6500 Streikenden treten an gegen einige der größten und reichsten Konzerne der Welt. Royal Dutch Shell, der Konzern, der die Kollektivvertragsverhandlungen für die Ölindustrie anführt, ist in mehr als 70 Ländern tätig und hat jährlich einen Umsatz von 500 Milliarden Dollar. ExxonMobil ist sogar noch größer! Darüber hinaus sind die Ölkonzerne eng mit den Banken verbunden, und ihre Interessen werden weltweit von den Regierungen geschützt, allen voran von der US-Regierung.
Um es mit diesem Monster aufzunehmen, brauchen die Raffinerie-Arbeiter/innen Kräfte, die stärker sind als ihre eigenen. Diese Kräfte gibt es in anderen Raffinerien, Fabriken, Büros, Krankenhäusern, Schulen, in jeder Stadt – weil Arbeiter/innen überall mit denselben Problemen konfrontiert sind.
Natürlich nutzen die Kapitalist/inn/en jede Art von Hindernis, um die Arbeitenden von einem Zusammenschluss abzuhalten, inklusive Verträge, Gerichte und Klagen. Deshalb werden die Arbeiter/innen Vertragsdaten ebenso ignorieren müssen, wie die Zugehörigkeit zu verschiedenen Gewerkschaften und all die anderen Dinge.
Wir werden uns entscheiden müssen, dass wir unsere Bedürfnisse und Interessen an die erste Stelle stellen müssen. Sie sind für uns eine Frage von Leben und Tod. Wenn wir das tun, werden wir den Weg finden uns zusammen zu tun, sodass wir die Großkonzerne herausfordern können.
(The Spark, 2. März 2015; Übersetzung: ARKA)