Dezember 2013
Der Textilfaserhersteller Lenzing AG will massiv Stellen abbauen. Trotz großer Gewinne sollen an die 700 Arbeiter/innen ihre Jobs verlieren. Die Gewerkschaft zeigte sich zuerst empört, ging aber schließlich in die Knie.
Der österreichische Konzern hatte sich vorgenommen, von den 2.600 Beschäftigten am Standort in Oberösterreich 390 fix angestellte Arbeiter/innen sowie die meisten der etwa 300 Leiharbeiter/innen zu kündigen, insgesamt etwa 700 Personen. Begründet wurde das damit, dass die Preise für die Fasern gefallen und die Gewinne nicht zufriedenstellend seien. Das ist die unverschämte Kapitalist/inn/enlogik: Denn der für 2013 angekündigte Gewinn, den der Standort in Lenzing erwirtschaften wird, liegt zwischen 75 und 85 Millionen Euro. Das bedeutet, der Konzern schreibt weiterhin ein dickes Plus. Der Gewinn ist aber nicht so hoch wie geplant, weil die Firma hatte sich für 2013 satte 160 Millionen Euro ausgerechnet.
Außerdem eröffnete Lenzing das Vorhaben, bis 2015 jährlich 120 Millionen Euro einzusparen. Mit allen Einsparungen erreicht der Konzern wahrscheinlich einen noch viel höheren Gewinn. Obwohl soviel Personal abgebaut werden soll, wird nicht die Produktion zurückgefahren, sondern die Firma plant das Werk in Oberösterreich noch weiter auszubauen. Das bedeutet also, dass zu den ganzen Kündigungen eine massive Arbeitsintensivierung auf die noch verbleibenden Arbeiter/innen zukommen wird.
Damit stieß der Konzern auf Wut und Enttäuschung bei Arbeiter/innen, Betriebsrat und Gewerkschaft. Sie konnten das Vorhaben des Konzerns nicht nachvollziehen, da der Konzern ja eben Gewinn machte. In Lenzing und Umgebung war die Aufregung groß, ist doch die Lenzing AG der größte Betrieb der Region. Unter diesem Druck war die Konzern-Leitung zu Verhandlungen bereit. Betriebsrat und Gewerkschaft handelten nun einen Sozialplan aus.
Betriebsrat Baldinger spricht von einem tragbaren Kompromiss. Es wird behauptet, dass die Zahl der Arbeiter/innen, die gekündigt werden, deutlich geringer ist, als ursprünglich angegeben. Doch war die ursprüngliche Zahl der geplanten Kündigungen 390 Arbeiter/innen plus den Großteil der Leiharbeiter/innen. Zahlenmäßig hat sich daran nichts geändert - es ist immer noch von 390 plus dem Großteil der Leiharbeiter/innen die Rede, die bis 2014 abgebaut werden sollen. Allerdings soll das bei den fix Beschäftigten über Pensionierungen, Altersteilzeit, Werkwechsel und Arbeitsstiftung gehen... laut Vorstandschef Untersperger sollen die Dienstverhältnisse möglichst "einvernehmlich" (Geld durch Sozialplan) aufgelöst werden.
Unter welchem Druck ("Nimm das Geld oder du wirst später ohne Sozialplan gekündigt") es in der Realität oft zu dieser "Einvernehmlichkeit" kommt, ist aus vielen Konzernen bekannt. Und Untersperger hat auch gleich in den Raum gestellt, dass es Kündigungen geben werde, sollte sich ohne nicht genügend Personalabbau ausgehen. Außerdem werden die 300 Leiharbeiter/innen sowieso ihren Job verlieren und die Arbeitsverdichtung für die Verleibenden wird trotzdem steigen. Und auf die Frage, ob es durch das Einsparungsziel von 120 Millionen später zu weiteren Kündigungen kommen können, antwortete Untersperger zynisch: "Ausschließen kann man im Leben gar nichts."
Das soll also ein tragbarer Kompromiss sein? Für wen, Kollege Baldinger? Für die, die unter der Druck einen Sozialplan annehmen und dann ohne Job dastehen? Für die, die unter Druck in Altersteilzeit gehen und dann weniger Einkommen haben? Für die Leiharbeiter/innen? Für die Verbleibenden, bei denen der Arbeitsstress immer mehr ansteigen wird? Kompromisse sind sicher oft unvermeidlich und manchmal sind die Ergebnisse auch dürftig. Berechtigt ist das aber unserer Meinung nach nur, wenn nach einem ernsthaften Kampf nichts Besseres möglich war. Den Kapitalist/inn/en geht es um ihren Profit. Wenn er durch Streik gefährdet wird, geraten sie unter Druck und es sind wirkliche Zugeständnisse möglich.
Alex Cerny