Vor 100 Jahren: die Gründung der Kommunistischen Internationale

 

 

Im März 1919, vor hundert Jahren, trafen sich auf Initiative der bolschewistischen Partei einige Dutzend Vertreter/innen revolutionärer Organisationen in Moskau, um eine neue revolutionäre Internationale zu gründen.

Im Oktober 1917 waren die Bolschewiki an die Macht gekommen, indem sie die erste siegreiche Arbeiterrevolution führten. Aber diese internationalistischen Aktivist/innen beschränkten ihren Kampf nicht nur auf Russland. Sie kämpften für den Sturz des Kapitalismus auf Weltebene und waren entschlossen die Revolution überall zu unterstützen, damit sie sich auf andere Länder ausdehnt.

In einem Europa, das seit vier Jahren in das Massaker des Ersten Weltkrieges gestürzt war, fand der Aufruf der Bolschewiki zum Aufstand starkes Echo in den breiten Massen. Ab November 1918 ging eine echte revolutionäre Welle durch die östliche Hälfte Europas. Die Monarchen, die in Deutschland und im alten Österreich-Ungarischen Reich herrschten, wurden gezwungen abzudanken. In diesen Ländern, nach dem Vorbild der russischen Revolution, organisierten sich die Arbeitenden in Arbeiterräten. Sie waren entschlossen, die herrschenden Klassen, die sie in den Krieg gestürzt hatten, in die Knie zu zwingen. Es war dringend nötig, revolutionäre Parteien und eine internationale Organisation zu gründen, die fähig sein würden, eine politische Leitung des Kampfes für den Sturz der Bourgeoisie und ihrer sozialen Ordnung zu schaffen

 

Der Zusammenbruch der Zweiten Internationale

Die Parteien, die in der zweiten Internationale zusammengefasst waren, die sozialdemokratischen Parteien, hatten ihr Versagen gleich zu Beginn des Krieges im August 1914 gezeigt. Sie hatten nämlich behauptet, den Kampf der Arbeitenden für ihre Befreiung zu verkörpern. Aber sofort nach Beginn des Krieges haben sie die Arbeiter/innen verraten, sich ihrer jeweiligen Bourgeoisie angeschlossen, und die Arbeitenden dazu aufgerufen, sich für den Krieg zu engagieren. So schnell war die internationale Arbeitersolidarität bei ihnen Geschichte.

Die Lehren aus diesem Verrat ziehend, hatte Lenin ab jenem Zeitpunkt zur Gründung einer neuen Internationale aufgerufen. Aber ein großer Teil der Aktivist/innen, die den internationalistischen Ideen treu geblieben und Kriegsgegner waren, blieben weiterhin viele Jahre in den sozialdemokratischen Parteien, denn sie fürchteten, isoliert zu werden.

In dem Moment, als sie eine kommunistische Partei in ihrem Land gründeten, im Januar 1919, und obwohl sie beschlossen hatten, an der von den Bolschewiki ausgerufenen Treffen teilzunehmen, meinten noch revolutionäre Führer wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, dass die Gründung der Dritten Internationale verfrüht war.

 

Die Kommunistische Internationale wird ausgerufen

Um diese Vorbehalte, die der deutsche Delegierte ab dem ersten Tag des Kongresses ausdrückte, zu beseitigen, stützten sich die Bolschewiki auf die Begeisterung der Mehrheit der anderen Teilnehmer. Diese Gefühle drückte der Delegierte der jungen Kommunistischen Partei Deutsch-Österreichs so aus: „Siebzehn Tage sind wir von Wien nach Moskau unterwegs. Wie Handwerksburschen sind wir die ganze Strecke gereist. Auf Tendern, auf Lokomotiven, auf Puffern, in Viehwagen, zu Fuß durch die Linien der ukrainischen und polnischen Räuberbanden, unter steter Lebensgefahr - immer mit dem sehnsüchtigen Gedanken: Nach Moskau wollen wir, nach Moskau müssen wir, und nichts darf uns abhalten, dorthin zu gelangen!

Die Aktivist/innen, die die Kommunistische Internationale gründeten, waren sich dessen bewusst, dass es ein Wettlauf gegen die Koalition der imperialistischen Bourgeoisien war, deren Armeen die Volksaufstände unterdrückten und die versuchten, der russischen Revolution ein Ende zu setzen. Fähig zu sein, eine echte „Internationale der revolutionären Aktion“ aufzubauen, war unentbehrlich, um die Manöver und die Lügen der sozialdemokratischen Parteien zu vereiteln, denn sie stellten den Einfluss, den sie in der Arbeiterschaft beibehalten hatten, im Dienst der Verteidigung der bürgerlichen Ordnung.

Während der Debatten, die der Ausarbeitung des Programms der Internationale gewidmet waren, bemühten sich die bolschewistischen Führer die Lehren, die sie aus der russischen Revolution gezogen hatten, zu erläutern und darüber zu diskutieren. „Eine der wichtigsten Aufgaben für die Genossen der westeuropäischen Länder besteht darin, erklärte Lenin, die Massen über die Bedeutung, die Wichtigkeit und die Notwendigkeit des Rätesystems aufzuklären.“ Die Aktivist/innen mussten sich das Ziel setzen, „die Räte in allen Gebieten der Industrie, beim Militär, in der Flotte, wie auch bei den Landarbeitern und Kleinbauern aufzubauen und auszubreiten“, und die Mehrheit innerhalb dieser Räte zu erobern.

Am Ende dieses ersten Kongresses der Kommunistischen Internationale wussten Lenin und seine Genoss/inn/en, dass sie nur eine Fahne aufgestellt hatten. Die Internationale hatte noch keinen Apparat und sehr wenige Sektionen. In der Tat begann erst die Anstrengungen, revolutionäre Parteien zu gründen.

 

Die Kommunistische Internationale in den Händen der Bürokratie

In den folgenden Jahren bildeten sich kommunistische Parteien in sehr vielen Ländern. Die Kommunistische Internationale wendete sich an die kolonisierten unterdrückten Völker, um sie aufzurufen, sich dem Kampf des Proletariats anzuschließen, um den Imperialismus zu stürzen. Aber ab 1920 begann die revolutionäre Welle abzuebben und die Ergreifung der Macht durch die Arbeitenden war in den meisten europäischen Ländern nicht mehr auf der Tagesordnung

Danach, mit der bürokratischen Entartung des sowjetischen Staats wurde die Internationale immer mehr ein Werkzeug im Dienst der ausschließlichen Interessen der Meister des Kreml. Sie passte sich an die verschiedenen politischen Trendwenden an, die von Stalin gemäß den Bedürfnissen seiner Diplomatie angestoßen wurden. Und sie hörte auf, ein revolutionärer Faktor zu sein. Im Gegenteil wurde sie benutzt, um die spanische Revolution zwischen 1936 und 1939 zu erdrosseln. Aber trotz allen Verrats ihrer Leitung erinnerte ihr Bestehen noch daran, dass die kommunistischen Parteien entstanden waren, um für die Weltrevolution zu kämpfen. Um dem Imperialismus ihren guten Willen zu zeigen, lösten die Führer der sowjetischen Bürokratie letztendlich die Internationale im Jahre 1943 offiziell auf.

Solange - von 1919 bis 1922 - sie von Aktivist/innen geführt wurde, für die die revolutionären Ideen eine Leitlinie waren, war die Kommunistische Internationale der erste Versuch, die Weltpartei der sozialistischen Revolution zu schaffen, welche für das Proletariat unentbehrlich ist, um seinen Kampf gegen die Bourgeoisie auf internationaler Ebene zum Sieg zu führen. Eine solche Partei zu schaffen, bleibt das Ziel all jener, die heute kämpfen, damit es die Arbeiter/innen schaffen, den Kapitalismus endgültig zu stürzen und die Gesellschaft umzuorganisieren, um sie schließlich von der Ausbeutung und jeder Art der Unterdrückung zu befreien.

 

 

Aus Lutte Ouvrière (Frankreich) vom 6. März 2019

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