Aris Seirinidis: Neues vom Prozess und von der Kampagne

 

 20. April 2011

Der skandalöse Prozess, den der griechische Staat gegen der antikapitalistischen Aktivisten Aris Seirinidis inszeniert, ist um eine üble Facette reicher. Gleichzeitig ist es gelungen, die Solidaritätskampagne über Europa hinaus auszudehnen – vor allem nach Argentinien.

Skandalprozess

Der Prozess gegen Aris Seirinidis war nahezu fertig abgewickelt. Sämtliche Belastungszeugen, die die Polizei aufbieten konnte, hatten bereits ausgesagt, der Hauptzeuge der Polizei war plötzlich verschwunden und angesichts der jämmerlichen „Beweise" sah die Sache für Polizei/Justiz nicht gut aus. Es war abzusehen, dass sie bei den Geschworenen niemals einen Schuldspruch hinkriegen.

Deshalb haben sie jetzt zu einem neuen Trick gegriffen. Es war schon die ganze Zeit die Taktik des Repressionsapparates, den Prozess möglichst zu verschleppen, um Aris zumindest möglichst lange im Gefängnis halten zu können. So lagen zwischen den einzelnen Verhandlungen jeweils bis zu 20 Tage. Jetzt haben sie diese Taktik auf die Spitze getrieben: Die Richterin hat sich für ein Monat krank gemeldet – und das gibt dem Staat das Recht, die Richterin auszutauschen. Mitausgetauscht werden auch gleich die Geschworenen, mit denen es für die Anklage nicht so gut gelaufen ist, und der Prozess wird völlig neu, also von Anfang an, gestartet.

Und da die neue Richterin Einarbeitungszeit braucht, geht's erst im Juni neu los und dann ist bald die übliche Sommerpause der griechischen Justiz. Auf diese Weise versuchen sie, wenn sie Aris schon nicht verurteilen können, ihn zumindest bis nach dem Sommer in Haft zu halten (und der Sommer ist im überfüllten Koridallos-Gefängnis in Athen angesichts der Hitze die unaushaltbarste Zeit. Der Antrag auf Enthaftung von Aris bis zur Neuauflage des Prozess wurde vom Gericht, unter Eliminierung der Geschworenen, abgelehnt.

Es ist offensichtlich, dass der Prozess gegen Aris selbst mit bürgerlich-demokratischen Minimalstandards nichts zu tun hat. In Griechenland sprechen viele Prozessbeobachter bereits von einer Annäherung an die rechtlichen Zustände in der Militärjunta. Es handelt sich um einen politischen Prozess, in dem mit allen Mitteln ein antikapitalistischer Aktivist aus dem Verkehr gezogen und seine Angehörigen und GenossInnen beschäftigt und schikaniert werden sollen. Für all diejenigen, die irgendwelche Illusionen in eine vermeintliche Neutralität von Staat und Justiz m Kapitalismus haben, ist der Prozess gegen Aris ein Lehrbeispiel für die bürgerliche Klassenjustiz.

Solidaritätskampagne ausgeweitet

Die gestartete internationale Solidaritätskampagne für Aris wurde inzwischen fortgesetzt. Im deutschsprachigen Raum haben etliche weitere Personen unterschrieben, darunter Sonja Frey, Spielerin des österreichischen Handball-Nationalteams. In den USA unterschrieb Stephan Sturm, Mathematiker an der Princeton University.

Die massivste internationale Ausweitung fand aber nach Argentinien statt, wo zahlreiche Gewerkschaftsvertreter den Aufruf für das Ende des skandalösen Prozesses gegen Aris und seine sofortige Freilassung unterzeichneten:

Raúl Godoy (führender Aktivist der besetzten Fabrik Zanon und der KeramikarbeiterInnengewerkschaft SOECN in der Provinz Neuquén), Andres Blanco (Vorstandsmitglied von SOECN), Javier "Poke" Hermosilla (Gewerkschaftsvertreter im Fabrikkomitee von Kraft Food), José Montes (Betriebsrat in der Schiffswerft Río Santiago in der Provinz Buenos Aires), Miguel Lago (Betriebsrat in der Schiffswerft Río Santiago in der Provinz Buenos Aires), Hernán "Bocha" Puddu (Betriebsrat bei IVECO in der Provinz Córdoba), Leonardo Norniella y Catalina Balaguer (Mitglied des ArbeiterInnenkomitees bei Pepsico Snacks), Oscar "Chiche" Hernández (Betriebsrat in der Siderar-Fabrik), Eduardo Ayala (Betriebsrat im Donneley-Verlagshaus), Carlos Artacho (Betriebsrat bei FOETRA und Vertreter der Telekommunikationsgewerkschaft in Buenos Aires), Carlos Platkovsky and Eduardo Saab (Betriebsräte der Fluglinien-Angestellten), Ernesto Bustos (Betriebsrat der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten IOMA in La Plata), Graciela Frañol (Betriebsrätin der LehrerInnengewerkschaft ATEN in Neuquén), Claudio Dellecarbonara (Betriebsrat bei der U-Bahn in Buenos Aires), Ana Laura Lastra (Betriebsratsmitglied der ArbeiterInnen des öffentlichen Sektors in der Gewerkschaft ATE-INDEC), Barbara Acevedo (Betriebsrätin im Garrahan Hospital), Carlos Musante, César Gomez, Gabriela Macuada, Ariel Iglesias (BetriebsrätInnen der LehrerInnengewerkschaft SUTEBA in der Provinz Buenos Aires), Juri Fernández (Aktivist in der von den Arbeitern enteigneten Fabrik Brukman, die jetzt „Kooperative 18. Dezember" heißt), Ernesto González (Mitglied der Chilavert-Druckerei-Kooperative, die von der ArbeiterInnen übernommen wurde und geleitet wird), Franco Villalba (Mitglied des Betriebsrates von The Value Brand Company), Leandro Sorribas (Gewerkschaftsvertreter bei RUB, der Gesundheitsabteilung der Stadtverwaltung von Buenos Aires) und Gustavo de Biase (Betriebsrat bei Vialidad Nacional).

Für politische Parteien und Organisationen haben folgende Personen unterzeichnet: Christian Castillo (Mitglied der Leitung der Partido de los Trabajadores Socialistas – PTS), Myriam Bregman (Rechtsanwältin bei der CEPRODH-Menschenrechtsorganisation), Andrea D'Atri (Mitglied der Leitung der PTS und Gründerin der Frauengruppe Pan y Rosas (Brot und Rosen), Patricio del Corro (Generalsekretär der StudentInnengewerkschaft an der Fakultät der Sozialwissenschaften der Universität Buenos Aires), Jessica Calcagno (frühere Präsidentin der StudentInnengewerkschaft an der Fakultät der Sozialwissenschaften der Universität Buenos Aires), Juan Oribe (Vizepräsident der StudentInnengewerkschaft der Philosophie- und Kunst-Fakultät der Universität Buenos Aires), Federico Bordiga (für die Jugendbewegung ¡No pasarán!) sowie die StudentInnenvereinigung En Clave Roja.

Wir freuen uns über die Unterstützung aus Argentinien. Freiheit für Aris Seirinidis und alle anderen Gefangenen des Klassenkampfes!

 

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