Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel: die zwei Seiten eines riesen Schwindels

 

15.2.2019

 

Politiker und sogenannte Wirtschaftsspezialisten feiern: „Wir haben einen Wirtschaftsaufschwung und die Arbeitslosigkeit ist gesunken.“ Minus 4,9% Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr. Wenn man diese Nachrichten hört, könnte man denken, es gäbe fast Vollbeschäftigung und kaum Arbeitslose. Aber wenn man sich die Zahlen ansieht, sieht man, dass es nichts als lächerliche Zahlenspielchen sind.

Im Jänner dieses Jahres waren „nur noch“ 433.385 Menschen in Österreich arbeitslos. Mit den Familienangehörigen bedeutet das etwa eine Million Personen, die betroffen sind ... bei einer Bevölkerung von weniger als 9 Millionen Einwohnern. Gleichzeitig gibt es offiziell 68.823 offene Stellen. Wer 1+1 zusammenzählen kann, wird draufkommen, dass die meisten Arbeitslosen KEINE Chance auf einen dauerhaften Arbeitsplatz haben.

Tatsächlich ist diese enorme Anzahl an Arbeitslosen eine Verschwendung von menschlichen Möglichkeiten. Denn was könnten diese Arbeitslosen nicht alles bewirken? Alte und kranke Menschen pflegen, von Feuchtigkeit und Schimmel befallene Wohnungen sanieren, Fortschritte in der Forschung bewirken … Sie könnten auch in vielen Betrieben und Büros nützlich sein, während dort ständig beim nötigen Personal gespart wird. Die Straßenreinigung könnte sicher auch ein paar zusätzliche Hände brauchen. Also wo ist das Problem? Es liegt am lieben Geld. Denn das wollen sich die Konzernbosse lieber selbst behalten und an die Aktionäre ausschütten.

Was steckt hinter ihrem sogenannten „Fachkräftemangel“?

Gleichzeitig jammern die Unternehmer seit Monaten, dass das aktuell größte Problem der Wirtschaft ein „Facharbeitermangel“ wäre. Mitte letzten Jahres hat die Wirtschaftskammer geschätzt, nach einer Umfrage bei den Betrieben, dass 162 000 Fachkräfte gesucht würden! Wie ist das möglich? Sie suchen um die 160 000 Arbeitende und es gibt nur 68 000 offene Stellen beim AMS. Wer lügt also?

Und während immer mehr Arbeiter/innen keinen Vollzeitjob finden, Tausende entlassen werden und die Mehrheit der anderen sich Sorgen macht, ob sie morgen noch Arbeit hat, jammern die Bosse, sie würden keine „Fachkräfte“ finden! Und was meinen sie überhaupt mit „Fachkräften“? Sind die Putzfrauen im Krankenhaus, die beim Reinigen der Operationssäle zahlreiche Hygiene-Vorschriften kennen müssen, etwa keine Fachkräfte? Die Arbeiter, die zwanzig Meter hohe, stabile Gerüste aufbauen? Ganz zu schweigen von manchen Leiharbeitern, die sich alle paar Monate in eine neue, oft hoch spezialisierte Tätigkeit einarbeiten müssen?

Ihre arrogante Unterscheidung von fehlenden „Fachkräften“ und „sonstigen Arbeitern“ dient vor allem dazu, uns selber die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, wenn wir keinen vernünftigen Job finden.

Zwar gibt es tatsächlich einige Berufe, in denen es mehr freie Stellen als ausgebildete Arbeiter/innen gibt, wie in der Pflege oder in einigen technischen Berufen. Doch selbst hier haben die Betriebe gar nicht vor, ernsthaft was gegen den Mangel zu unternehmen. Denn natürlich könnten sie ihn einfach beenden. 1980 gab es in Österreichs Betrieben noch 191 000 Lehrlinge, heute sind es 92.000! Ganz einfach, weil die Betriebe die nötigen Mittel nicht mehr bereitstellen, um sie auszubilden.

Währenddessen fordern ÖVP und FPÖ-Politiker, Arbeitssuchenden das Arbeitslosengeld zu streichen, wenn sie auch nur ein (schlechtes bezahltes) Jobangebot ablehnen. Ihnen geht es einzig darum, die Arbeitssuchenden mit dieser Drohung zu zwingen, auch wirklich jeden noch so mies bezahlten und weit entfernten befristeten Job anzunehmen. Ja, für Unternehmer und Staat ist der „Fachkräftemangel“ zu einer neuen Allzweck-Waffe geworden, mit der sie alle möglichen Verschlechterungen für die gesamte Arbeiterklasse rechtfertigen.

Ihre Methode hat einen Haken: Indem sie jammern, dass ohne die fehlenden Arbeitskräfte ihre Betriebe und das öffentliche Leben nicht laufen, erinnern sie uns an die Macht, die wir in den Händen halten: Denn in der Tat, ohne unsere Arbeit wird keine Schule und keine Brücke gebaut, läuft kein Supermarkt, wird kein Patient versorgt, produziert keine Fabrik. Wir, alle Arbeiter/innen und Angestellte in allen Berufen, verfügen über alles Wissen, alle Fähigkeiten und halten alles am Laufen – können aber auch alles anhalten. Gemeinsam sind wir eine echte Kraft.

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