11.12.2018
Ende November hat die Regierung ihre Pläne für eine Änderung der Mindestsicherung präsentiert. Mit großem Medienrummel. Es soll gespart werden bei Familien mit vielen Kindern und bei Menschen, die nicht gut genug Deutsch sprechen. Die türkis-blaue Koalition begründet diese Kürzungen mit „Gerechtigkeit den Arbeitenden gegenüber“. Das ist aber ein Blödsinn. Kein Arbeitender bekommt einen Cent mehr, weil bei der Mindestsicherung gekürzt wird. Stattdessen werden die Großkapitalisten und Vermögenden weiterhin geschützt, was viel mehr kostet: Steuererleichterung für Unternehmen, Wegfall der Erbschaftssteuer und Subventionen in großem Stil.
Über 70% der Mindestsicherungsbezieher sind Aufstocker. Bei ihnen sind Lohn, Pension, Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe so niedrig, dass sie mit der Mindestsicherung aufstocken. Im Durchschnitt wird die Mindestsicherung für 8,5 Monate bezogen, es ist also alles andere als ein Dauerzustand, wie es die ÖVP-FPÖ-Politiker behaupten. Außerdem sind ein Drittel derjenigen, die Mindestsicherung bekommen, Kinder und gerade sie werden von den Kürzungen getroffen. Ab dem 3. Kind gibt es z. B. nur noch 43 Euro pro Monat, was nicht einmal ausreicht, um ein Kind gesund zu ernähren, geschweige denn Windeln oder Zahnpasta zu kaufen.
Die Hetze der Regierenden gegen die vermuteten „faulen“ Migranten ist nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver. In Österreich arbeiten zigtausend Arbeiter/innen schwer auf Baustellen, bauen Häuser, Straßen, und sprechen kein gutes Deutsch. Wie viele Putzfrauen sprechen nicht das geforderte B1-Deutsch-Niveau und reinigen zu unmöglichen Zeiten und für niedrige Löhne die ganzen Bürogebäude? Ganz zu schweigen von den Saisonarbeiter/inne/n in der Landwirtschaft, die das österreichische „AMA-Gütesiegel“ Gemüse ernten. In diesem Fall wird niemand überprüfen, ob sie gut genug Deutsch sprechen, um schwer zu hackeln und sehr wenig zu verdienen.
Auch die vermuteten „hohen Kosten“ der Mindestsicherung sind eine Lüge. Denn nicht einmal 1% aller Sozialausgaben geht für die Mindestsicherung drauf! Die Einsparungen machen das Kraut nicht fett fürs Gesamtbudget, für die einzelnen Betroffenen kann es jedoch bedeuten, dass sie im Winter nicht heizen können.
Der wirklich große Brocken der Regierungspläne ist aber die Kürzung bei der Notstandshilfe. Das ist nämlich ein erster großer Angriff auf die Pensionen und das Ersparte der ehemaligen Arbeitenden. Denn so wie es derzeit aussieht, sollen zukünftig Arbeitende mit weniger als 15 Arbeitsjahren nach einer gewissen Zeit Arbeitslosigkeit nicht mehr Notstandshilfe bekommen, sondern in die Mindestsicherung fallen. Damit fallen die Beitragszeiten für die Pension weg, was die Höhe der Pension später drastisch senken kann.
Außerdem müssen sie dann ihr Vermögen bis ca. 4.200 Euro verbrauchen, wodurch ein großer Druck besonders auf junge Arbeitende entstehen wird. Sodass sie jeden Job annehmen, um ja nicht in die Mindestsicherung zu fallen und den Großteil des Ersparten aufbrauchen zu müssen. Und gerade diejenigen, die wegen einer kleinen Behinderung oder einem Gesundheitsproblem immer wieder von Jobs abgewiesen werden, werden dann gezwungen, Haus, Auto oder Erspartes zu verkaufen.
Trotz gegenteiliger Beteuerung der Regierung sind die geplanten Änderungen bezüglich Mindestsicherung und Notstandhilfe ein eindeutiger Schritt in Richtung des deutschen Hartz-IV, das so viel Armut verursacht hat. Gleichzeitig ist die Jobunsicherheit bereits jetzt groß: Besonders Junge, auch mit der besten Ausbildung, sind arbeitslos oder finden nur Mini-Jobs oder Leiharbeit.
Laut AMS gab es im November bei 377.000 Arbeitslosen nur 68.000 offene Stellen! Die Arbeitslosen sind also keine Faulenzer. Die echten Faulenzer sind diejenigen, die gar nichts arbeiten und Milliarden verdienen. Zum Beispiel diese 100 Familien in Österreich, die so viel wie 80% der Bevölkerung besitzen. Oder Leute wie der Immobilienmilliardär René Benko, der einfach von steigenden Wohnungspreisen profitiert und für seinen Gewinn Jobs bei Kika/Leiner abbaut.
Die Auseinandersetzungen um die Mindestsicherung, wie die Einführung des 12-Stunden-Tages und viele andere Maßnahmen, sind tatsächlich Teil des erbitterten Kampfes, den die herrschende Klasse auf allen Ebenen gegen die arbeitende Bevölkerung führt. Wie es für unsere Lebensbedingungen weitergeht, hängt davon ab, ob es uns gelingt, in diesem Kampf unsere Interessen als Arbeitende durchzusetzen.