09.04.2020
Während das Coronavirus derzeit die ganze Welt mit harter Wucht trifft und es täglich tausende Tote gibt, hat sich die Situation in Österreich etwas entspannt. Die offizielle Zahl der Erkrankungen steigt derzeit nicht so stark und die Zahl der Patient/innen, die im Krankenhaus behandelt werden, bleibt seit kurzem auf gleichem Niveau. Die Frage bleibt dennoch offen, ob die Lage sich weiter verbessern wird oder nicht.
Denn auch in Österreich ist die Sache, trotz einer besseren Entwicklung als in vielen anderen Ländern, noch alles andere als stabil. Obwohl die Zahl der Schwerkranken nicht so schnell gestiegen ist, waren z.B. in Niederösterreich Ende März nur noch 50 Beatmungsgeräte frei. Ein Mitarbeiter des LKH Hollabrunn hat gestern, am 8.4. dem Kurier geschildert, dass es bereits jetzt zu besorgniserregenden Situationen kommt. Er sagt, es werde bereits jetzt aufgrund des Mangels an Beatmungsgeräten entschieden, wer noch ein Gerät bekommen kann und wer nicht. Ein nur leichter Anstieg der Covid-Patient/innen, die ein Intensivbett oder ein Beatmungsgerät bräuchten, wäre also sehr wohl für das Gesundheitswesen ein großes Problem.
Weiters wurden viele Stationen extra für Covid-Patient/innen leer gemacht … und die Behandlungen, die sonst durchgeführt werden und auch notwendig sind, verschoben. Während also viele Stationen auf die Covid Patient/innen warten, verbleiben viele andere, die es ebenso brauchen, ohne medizinische Versorgung.
Die Katastrophen, die sich in manchen anderen Ländern abspielen, sind ein trauriges Beispiel dafür, wie schlimm die Situation werden kann. In Italien, Spanien, ja sogar Frankreich, Großbritannien und den USA sind die Gesundheitssysteme völlig überfordert. Manche Kranke müssen aus Mangel an Betten in ein anderes Krankenhaus verlegt werden. Eishallen werden für die Leichenberge geöffnet. Die Toten werden in Militär-LKWs abtransportiert. Es fehlt an Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten in den Krankenhäusern. Denn das Gesundheitswesen wurde dort in den letzten Jahrzehnten völlig kaputtgespart. Die Folgen davon können wir heute sehen.
Sogar in Österreich protestieren Pfleger/innen und Ärzt/innen seit Jahren, dass sie nicht genug Mittel und Personal haben, um ihren Beruf vernünftig und sorgsam ausüben zu können. Und auch wenn die Konsequenzen der Epidemie hierzulande derzeit nicht so krass sind wie woanders, leidet auch hier das Gesundheitssystem seit Jahren an Unterfinanzierung. Denn die letzten österreichischen Regierungen haben es genauso wie die anderen gemacht. Sie haben in Bereichen gespart, die für die arbeitende Bevölkerung nützlich sind, wie die Gesundheit, die Bildung, die Pensionen oder das Arbeitslosengeld. Und diese Milliarden haben sie den Großunternehmern zur Verfügung gestellt, sei es in Form der letzten Bankenrettung, finanzieller Unterstützung oder Steuerbegünstigungen. Ja, das Geld, das heute im Spital und im Kampf gegen das Coronavirus auch in Österreich fehlt, wurde in die Taschen der Großkapitalisten gesteckt.
Die Unternehmerschaft kann es aber kaum noch erwarten, die Wirtschaft wieder hochzufahren. Die Industriellenvereinigung geht so weit, die Gefährlichkeit des Virus klein zu reden. So verbreitet sie das Gerücht, dass Corona gar nicht so gefährlich wäre. Der Chef der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch - der kein Arzt ist - erlaubt sich sogar zu behaupten, die Toten wären möglicherweise nicht am Coronavirus gestorben, sondern weil sie sowieso schon alt und krank gewesen wären. Das ist eine zynische und lügnerische Verharmlosung der Situation. In Frankreich z.B. wird beobachtet, dass 34% der Intensivpatienten jünger als 60 sind. Und wenn sie überleben, haben viele mit Folgeschäden durch die Beatmung zu rechnen.
Aber für die Stellvertreter der Konzerne zählen diese Leben nicht. Egal ob in der Pension, arbeitslos oder zwangsbeurlaubt wegen der Krise: Für diese Herren und Frauen haben die Arbeitenden nur dann einen Wert, wenn sie fleißig weiterarbeiten, wenn die Produktion und das Geschäft laufen und ihre Taschen sich wieder füllen.
So wird immer noch in vielen Bereichen, die für das Funktionieren der Gesellschaft nicht unbedingt notwendig sind, weitergearbeitet. Und einige Arbeitende müssen in einer Fabrik manchmal Schulter an Schulter ohne ausreichenden Schutz arbeiten … während der Rest der Bevölkerung zur sozialen Distanzierung aufgerufen wird und unter Androhung einer saftigen Geldstrafe, zu Hause bleiben soll! Die Arbeiter/innen nur für den privaten Profit in die Arbeit zu schicken, ist einfach verantwortungslos. Denn die Chefs riskieren damit eine neuerliche Ausbreitung des Virus und die Gesundheit aller.
Die Entstehung des Virus ist ein Zufall und niemand hätte das verhindern können. Aber seine Ausbreitung, die Kranken, die zu erwartenden hunderttausenden Toten (von denen gar nicht alle in den Statistiken aufscheinen werden): Sie sind eine direkte Folge dessen, wie unsere Gesellschaft funktioniert … so z.B. die Politiker und Geschäftstreibenden der Tourismusbranche in Tirol, die Schilifte noch 10 Tage offen ließen, obwohl sie sehr wohl wussten, dass die Epidemie sich rasch verbreitete. Das ist auch das Ergebnis des Kapitalismus, dieses Wirtschaftssystems, das ausschließlich auf den privaten Profit ausgerichtet ist, und das mehr Waffen, Arbeitslosigkeit und Armut produziert als Masken, Beatmungsgeräte und Krankenhäuser. Die Corona-Krise zeigt einmal wieder, wie dringend sich die Menschheit von diesem System befreien muss.