11.7.2022
Im Juni hat die Regierung ein angeblich „historisches“ Entlastungspaket gegen die Teuerung beschlossen. Bei einer Inflation von 8,7% im Juni kann sie in den kommenden Monaten zu Recht enorme soziale Probleme fürchten. Und sie versucht so die Wut zu dämpfen. Aber von den sechs Milliarden, die dafür heuer ausgegeben werden, soll gleich einmal eine Milliarde an Unternehmen gehen. Offenbar waren die 40 Milliarden Corona-Hilfen, die die Betriebe – und vor allem die größten – bekommen haben, nicht genug!
Nach jahrzehntelangem Herumgetue hat die Regierung sich schließlich geeinigt, die kalte Progression abzuschaffen. Dass die Steuerklassen an die Inflation gebunden werden, wäre nämlich das Mindeste. Damit man nicht, wenn die Löhne nach den KV-Verhandlungen leicht steigen, aber die Inflation auch, mehr Steuern zahlen muss, weil man in eine höhere Steuerklasse rutscht … und so letztendlich weniger Geld kriegt. Wobei noch immer nicht ganz klar ist, ob das tatsächlich so umgesetzt wird.
Was die Mindestpensionen, Familienbeihilfe, Mindestsicherung und Arbeitslosengeld betrifft, so sollen diese Zahlungen zwar an die Inflation angepasst werden. Wie oft, ob das monatlich passiert und ob sie um die volle Inflation steigen sollen, ist auch unklar. Und vorab bleibt die Hauptsache: Die Durchschnittspension (Medianwert lt. Statistik Austria) lag in Österreich 2020 bei 1.226 Euro brutto monatlich. Damit ist es heute kaum möglich, in Würde das Alter zu erleben. Auch mit einem kleinen Teuerungsausgleich.
Die Regierung hat auch eine Kürzung der Lohnnebenkosten angekündigt. Das ist eine langjährige Forderung der Wirtschaftsvertreter. Dabei geht es den Chefs nicht darum, dass die Beschäftigten mehr Geld im Börserl haben, sondern, dass sie selbst weniger an Sozialversicherungsbeiträgen und Abgaben zahlen müssen und stattdessen mehr Gewinn machen. Dadurch steigen aber nicht die Nettolöhne. Und vor allem werden sie schnell von der Inflation eingeholt. Somit werden sich die Gewinne in den Taschen der Reichsten nur noch mehr anhäufen. Während es mit geringeren Sozialbeiträgen, weniger Geld für Pensionen und das Gesundheitswesen geben wird.
In jedem Fall wird das Paket das Problem der schrumpfenden Kaufkraft nicht lösen. Die Preise brennen seit Monaten, und das ist noch lange nicht vorbei. Diesen Brand muss man gescheit löschen: durch eine automatische monatliche Anpassung der Löhne an die Inflation. Aber das will die Regierung gar nicht gesetzlich beschließen. Und auch keine der Großparteien schlägt das vor. Denn sie all alle sind viel zu ehrfürchtig vor den Gewinnen der Unternehmen.
Das ganze Entlastungspaket ist tatsächlich ein Tropfen auf dem heißen Stein. Zur gleichen Zeit, als die Regierung ihre Maßnahmen präsentierte, wurde ein Bericht des Beratungsunternehmens Capgemini veröffentlicht, demzufolge die Zahl und die Vermögen der Millionäre 2021 weltweit stark gestiegen sind. In Österreich stieg ihre Zahl um 8%, d.h. es gibt 13.000 neue Dollar-Millionäre. Insgesamt gibt es laut diesem Bericht 176.000 Millionäre in Österreich. Offensichtlich sind diese Leute gar nicht von der Teuerung betroffen! Es liegt auf der Hand, dass der Reichtum der einen von der steigenden Armut der anderen kommt. So konnten bereits vor der hohen Inflation im letzten Winter ca. 100.000 Haushalte es sich nicht leisten, ihre Wohnungen zu heizen. Überall wird der arbeitenden Bevölkerung das Geld aus der Tasche gezogen. Es ist das kapitalistische System, das diesen Geldfluss von unten nach oben organisiert. Die Regierung, die medienwirksam irgendwelche Pseudo–Entlastungspakete präsentiert, schützt in Wirklichkeit nur die Reichen und versucht die Wut und die Verzweiflung ein wenig zu bremsen. Die Schere wird aber weiter auseinandergehen, solange die Arbeitenden und Werktätigen, die in der Gesellschaft alles am Laufen halten, die Sache nicht selbst in die Hand nehmen, Zugriff auf Gewinne und Vermögen durchsetzen, um echte Lohnerhöhungen zu erzwingen und die Arbeit unter allen gerecht zu verteilen.