In der lohnabhängigen Bevölkerung ist der Unmut über die sinkende Kaufkraft groß geworden. Die Regierung hat darauf mit einer Umbildung reagiert und diskutiert nun doch eine Lohnsteuersenkung. Wie aber soll sie finanziert werden? Und welche Probleme stehen dahinter?
Die Umfragen waren für die Regierung so schlecht, dass sie etwas tun musste. Der neue ÖVP-Vizekanzler Mitterlehner ist - anders als sein Vorgänger Spindelegger - sichtlich für eine Lohnsteuersenkung offen und er gilt auch als einer, der mit den Gewerkschaften Kompromisse sucht. Aber wir sollten uns nicht täuschen, auch Mitterlehner ist ein Mann der Wirtschaftskammer, also ein Kapitalist/inn/envertreter. Und Schelling, der neue ÖVP-Finanzminister, ist überhaupt selbst Millionär und Banker.
ÖVP-Politik für das Großkapital
Demenstprechend hat Schelling auch schon verkündet, er will keinerlei neue Steuern. Das ist natürlich ein schlechter Scherz, denn die Lohnsteuern sind im Jahr 2013 um 2,24 Milliarden Euro gestiegen, heuer werden sie sogar um 2,65 Milliarden Euro steigen. Was die ÖVP tatsächlich NICHT will, ist eine Besteuerung der großen Vermögen. Das ist natürlich auch kein Wunder, denn die ÖVP ist die Hauptpartei der österreichischen Großkonzerne und Banken und insbesondere der politische Arm des Raiffeisen-Konzerns.
Die Argumentation der ÖVP ist dabei eine primitive Polemik. Sie stellt es so dar, als wolle sie nur die kleinen Häuslbauer schützen - vor Steuern auf ihr Haus oder wenn sie es ihren Kindern vererben wollen. Das ist lächerlich, denn niemand schlägt das vor. Die Gewerkschaft will nur die wirklich großen Vermögen und Stiftungen besteuern, um so 2 Milliarden Euro für eine Senkung der Lohnsteuer zusammenzukriegen.
Gewerkschaften zu zögerlich
Dabei ist der Vorschlag der Gewerkschaften ohnehin sehr zurückhaltend. Das Gesamtvermögen der hundert reichsten Österreicher/innen liegt bei 160 Milliarden Euro – und es ist im letzten Jahr um etwa 9% gestiegen. Von einer solchen Einkommenssteigerung können wir Lohnabhängige nur träumen. Diesen Superreichen könnte man jedenfalls viel mehr wegnehmen als nur die 2 Milliarden, die die Gewerkschaft vorschlägt. Unverständlich ist im Gewerkschaftsvorschlag auch, dass jemand, der im Monat 2000 Euro brutto hat, nur um 77 Euro entlastet werden soll, jemand, der im Monat 6000 Euro brutto hat, aber um 186 Euro. Denken die Gewerkschaften da vor allem an leitende Angestellte und die eigenen Spitzenfunktionäre? Aber immerhin fordert der ÖGB eine (zahme) Vermögenssteuer.
Das Hauptproblem bei der Gewerkschaft und ihrem Vorschlag ist ihre mangelnde Kampfbereitschaft. ÖVP und SPÖ haben das recht geschickt gemacht, indem sie Spitzenfunktionäre/innen der Gewerkschaft verstärkt in die Regierung eingebunden haben. Und so hat die bisherige ÖGB-Vizepräsidentin und jetzt neue SPÖ-Gesundheitsministerin Oberhauser schon gesagt, dass es ihr egal ist, wo das Geld für eine Lohnsteuersenkung herkommt. Das heißt also wohl, dass die Gewerkschaftsführung und die SPÖ nichts tun werden, um eine Besteuerung der großen Vermögen zu erkämpfen.
Kampfmaßnahmen statt Mauschelei mit ÖVP!
Was aber ist die Alternative zur Senkung der Lohnsteuern? Wenn nicht die großen Vermögen besteuert werden, bleibt nur eine verschärfte Sparpolitik im öffentlichen Dienst. Das würde weitere Einsparungen im Sozial- und Gesundheitsbereich bedeuten – und das ist auch genau das, was die ÖVP will: Kürzen bei den Arbeitslosen und beim Pflegepersonal, aber nur ja nicht die Superreichen belasten. Das Praktische für die ÖVP ist dabei, dass die Sozial- und Gesundheitsminister/innen ja SPÖ-Gewerkschafter/innen sind, die dann die Verschlechterungen gleich selbst durchführen müssen. Und das Traurige dabei ist, dass die Ex-Gewerkschafter/innen das auch tatsächlich machen.
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, das in der ganzen Sache ein fauler Kompromiss herauskommt, bei dem sich die ÖVP weitergehend durchsetzt und die Gewerkschaft nur ein paar Pseudozugeständnisse bekommt. Und so wird sich erneut, zeigen, dass von Gewerkschaftsführung und SPÖ kein konsequenter Kampf für die Interessen der Lohnabhängigen zu erwarten ist.
Wenn wir mehr erreichen wollen, müssen wir uns selbst organisieren, aktiv werden, Druck von der Basis aufbauen und gemeinsam kämpfen. Die Lohnabhängigen sind die große Mehrheit der Gesellschaft, ohne uns würde nichts funktionieren. Wenn wir uns eines Tages wirklich auf die Füße stellen, werden wir nicht bei einer minimalen Besteuerung der Superreichen Halt machen. Wir werden die großen Konzerne und Banken unter die Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung stellen. Und wir werden eine auf Arbeiter/innen/komitees in den Betrieben und Wohnvierteln gestützte Arbeiter/innen/regierung bilden, die nicht die Interessen des Großkapitals, sondern die der Lohnabhängigen vertritt.