Nationalratswahlen: wo ist die Stimme der Arbeitenden?

 

Nun stehen die Wahlplakate für die Nationalratswahlen am 29. September überall: jeder scheint eine Lösung zu haben, um unsere Lebensbedingungen zu verbessern. Dennoch steht keine Partei ausschließlich auf der Grundlage der Interessen der Arbeitenden.

 

Wir hätten aber genug Gründe, unsere Stimme hörbar zu machen. Seit Jahren steigen die Preise für Lebensmittel, Wohnung, Heizung, Benzin, Gesundheit... also für Sachen, die für jeden Arbeitenden unabdingbar sind. Gleichzeitig sind unsere Löhne viel zu wenig gewachsen, um diese Teuerungswelle auszugleichen: heute sind nicht weniger als eine Million Leute armutsgefährdet. Und das in Österreich, einem der reichsten Länder der Welt!

In der Arbeit wird der Druck immer unerträglicher: es wird von uns mehr und mehr verlangt, mit immer weniger Personal. Stress, Schlafmangel, Rücken-, Gelenks- und/oder Kopfschmerzen, Depressionen... Das sind die Beschwerden, denen immer mehr von uns ausgeliefert werden. Es gibt viel zu viel zu tun in den Betrieben, Spitälern, Geschäften, Administrationen, Fabriken... Aber das Gebot der Stunde heißt „sparen", also wird niemand eingestellt.

Diese Situation ist umso skandalöser und absurd, als immer mehr Leute Arbeit suchen... und keine finden! Standorte werden geschlossen, um Profite aufrechtzuerhalten oder sogar zu steigern. Und eine neue Stelle zu finden wird jeden Tag schwieriger. Um zu leben brauchen wir aber einen Lohn!

Seit Anfang der Wahlkampagne behaupten alle Parteien, dass sie uns helfen können. Die SPÖ wünscht sich für uns Jobs, die ein würdiges Leben ermöglichen. Aber wie will sie das umsetzen, ohne die KapitalistInnen zu zwingen, die Löhne zu steigern? Die ÖVP spricht von einer besseren Zukunft. Aber wie kann die Zukunft für die Arbeitenden aussehen, wenn die Unternehmen sich weigern, das nötige Personal einzustellen? Dass es hier nur um eine bessere Zukunft für die Besitzenden geht, zeigen schon ihre Forderung nach Arbeitszeitverlängerung oder ihre Ablehnung von Vermögenssteuern. Den Grünen geht es nur darum, das kapitalistische Elend „mitgestalten" zu dürfen. Und was die FPÖ betrifft, versucht sie nur, die ganze Schuld an allem auf unsere ausländischen KollegInnen abzuwälzen. Sind es die MigrantInnen, die den Arbeitsdruck erhöhen, Preise steigen lassen und Firmen schließen? Nein, es sind die KapitalistInnen. Der FPÖ geht es nur darum, von den wahren Verantwortlichen abzulenken und uns Lohnabhängige zu spalten. Ihre rassistische „Nächstenliebe" bezieht sich nur auf die Reichen, und sicher nicht auf die Arbeitenden, egal aus welchem Land!

 

Trotz unbestreitbarer Differenzen gibt es heute keine Partei, die für die ArbeiterInnenklasse notwendige

Maßnahmen verteidigt:

Gegen den Personalmangel und die Arbeitslosigkeit muss die vorhandene Arbeit unter allen aufgeteilt werden, ohne Lohnverlust: weil es einfach absurd ist, dass manche nichts zu tun haben, während die anderen sich zu Tode schuften müssen! Gegen den ständigen Preisanstieg müssen alle Löhne automatisch an die tatsächliche Preisentwicklung angepasst werden: wenn die KapitalistInnen ihre Preise erhöhen, sollen auch unsere Einkommen steigen! Und gegen die Korruption und die willkürliche Verwaltung der Firmen, die ohne unsere Leistung ohnehin nicht funktionieren würden, muss in jedem Betrieb die Buchhaltung offengelegt werden. Nur so können wir direkt kontrollieren, woher das Geld kommt, wohin es fließt, und wie viel.

Die Arbeitenden haben in diesem Wahlkampf keine Stimme, um diese Maßnahmen zu popularisieren. Es gibt keine Partei, die den Kampf gegen die KapitalistInnen wirklich aufnehmen will. Die Parteien behaupten, dass es reiche „richtig" zu wählen, um unsere Situation zu verbessern. Tatsächlich können wir aber nur auf unsere eigenen Kräfte zählen.

Es steht in unserer Macht, den Angriffen der KapitalistInnen und der Regierung die Stirn zu bieten. Wir sind zahlreicher als sie. Und durch unsere Arbeit sind wir es, die die ganze Gesellschaft am Laufen halten. Wenn wir die Hände in den Schoß legen, geht gar nichts mehr. Wir haben also die Kraft, wenn wir uns organisieren, durch Streiks und Demonstrationen das Machtverhältnis zu unseren Gunsten umzukehren.

Keiner wird in diesem Wahlkampf die für uns notwendigen Ziele formulieren. Das soll uns aber nicht daran hindern, darüber zu diskutieren, sie zu verbreiten, und uns bewusst zu werden, dass nur wir selber unser Los verbessern können – egal welche Farben die nächste Regierung trägt.

 

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