16.2.2017
Nach einem angeblichen Streit zwischen den beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP steht nun seit Ende Jänner ein Regierungsprogramm. Durch die angekündigten Maßnahmen sollen 70.000 Arbeitsplätze geschaffen und drängende Probleme endlich in Angriff genommen werden.
In Wirklichkeit sind es aber eine Reihe an Maßnahmen, die den Unternehmern mehr Profit bescheren und das Leben der Arbeiterklasse schwerer machen werden.
Private Investoren im sozialen Wohnbau
Dass es mit Wohnungen ein großes Problem gibt, hat sogar die Regierung erkannt, obwohl die einzelnen hohen Herren und Damen sicher nicht betroffen sind. Die Vermieter verlangen oft Mietpreise, die weit über den vorgeschriebenen Richtwerten sind. Wohnen ist seit langem zu einem beinharten Geschäft für Banken, Spekulanten und Immobiliengesellschaften geworden. Private Investoren sollen auch im sozialen Wohnbau mitmischen dürfen. Öffentliche Grundstücke, die für den Wohnungsbau herangezogen werden, sollen nur zu 25% als geförderte günstigere Wohnungen gebaut werden. Mit den restlichen 75% dürften die privaten Unternehmen ihr Geschäft machen. Das ist nichts anderes als ein Ausverkauf der öffentlichen Güter. Ganz das Gegenteil sollte man tun, um das Wohnungsproblem zu lösen: ein umfassendes soziales Wohnbauprogramm - mit billigen und modernen Wohnungen - entwickeln...wie die Stadt Wien vor fast 100 Jahren zu tun vermag, in einer Epoche, wo das Land viel weniger reich war als heute.
Verschlechterungen beim Arbeitnehmerschutz
Außerdem jammern seit Jahren die Unternehmer über die schreckliche „Bürokratie" und die „strengen" Regeln. Dass es NOCH gewisse Rechte für Arbeitende gibt ist ihnen ein Dorn im Auge. Im Regierungsprogramm gehen die Politiker darauf ein. Beim Arbeitnehmerschutz, bei der Ruhezeit und den Arbeitszeiten müssen die Arbeitenden nun deutliche Verschlechterungen hinnehmen. Die ohnehin viel zu laschen Kontrollen durch das Arbeitsinspektorat, das mit den Konzernleitungen und den Betriebsärzten verbandelt ist, sollen jetzt noch seltener werden. „Beinahe" Unfälle sollen nicht mehr gemeldet, Meldepflichten, was Ruhezeit und Arbeitszeit betrifft, reduziert werden. Wiederholte Vergehen durch Unternehmen sollen weniger bestraft werden. Der weiteren Überarbeitung und Ausbeutung steht also nichts im Wege...Schlechterer Kündigungsschutz für mehr Arbeitsplätze? Wir Arbeitenden sind gezwungen, immer größere Schikanen zu akzeptieren, um einen Job oder Arbeitslosengeld zu bekommen. Von uns wird erwartet, dass man dem Job hinterher fährt und seinen Wohnsitz den Wünschen der Firma anpasst. Wir haben oft keine Wahl, denn Jobs gibt es nicht genug. Die Regierung unterstützt aber diesen Irrsinn auch noch: Im Regierungsprogramm ist ein kleines monatliches Taschengeld bei Umzügen in entferntere Gebiete vorgesehen, umdie Mobilität (sprich, dass die Arbeitenden zumindest die Mittel dazu haben, die Wünsche der Unternehmerzufriedenzustellen) zu fördern. Die Regierung will uns bei diesen zwangsläufigen Umzügen helfen... aber was macht sie bitte gegen die Arbeitslosigkeit? Was macht sie gegen die Profitgier der Konzerne, die Betriebe schließen oder verlegen, und die uns dazu zwingen, woanders hinzuziehen? Gar nichts. Im Gegenteil: Zur angeblichen Senkung der Arbeitslosigkeit erleichtert sie die Kündigung von Arbeitenden von über 50 Jahren. Als ob sie sich über die Umzugshilfe freuen werden! Das Resultat wird keine geringere Arbeitslosigkeit sein, sondern mehr Angst und Unsicherheit bei den Älteren unter uns, die ohnehin schon um ihren Job bangen.
Mindestlohn
Was den mehr schlechten als rechten Mindestlohn von 1.500 Euro Brutto betrifft, soll er von den Sozialpartnern, also Gewerkschaften und Unternehmern, bis zum Sommer ausgehandelt werden. Es ist also unklar, wann er eigentlich wirksam werden soll. Dass Arbeitende aber bisher bei Vollzeit weniger als diese Summe verdient haben, ist nur ein Zeichen dafür, dass die Sozialpartnerschaft nur für die Unternehmen gut funktioniert, nicht aber für die Arbeitenden. Wir dürfen uns also keine Verbesserungen unserer Situation durch dieses Regierungsprogramm erwarten, das für die Unternehmer maßgeschnitten wurde. Die Regierungsparteien - wie die anderen Parteien, die im Parlament sitzen -, handeln alle im Interesse der Industriellen und Banken und reden uns ein, dass das auch unser Interesse wäre. In Wirklichkeit aber ist das Regierungsprogramm ein Teil des erbitterten Kampfes, den die herrschende Klasse auf allen Ebenen gegen die arbeitende Bevölkerung führt. Wie es für unsere Wohn- und Lebensbedingungen weitergeht, hängt davon ab, ob es uns gelingt, in diesem Kampf unsere Interessen als Arbeitende durchzusetzen.