Gehirnwäsche bei Kindern in Islamkindergärten, moslemische Extremisten am Vormarsch… solche Dinge werden zuletzt in der Öffentlichkeit diskutiert. Dabei sollte die Frage grundsätzlicher gestellt werden: Was ist denn generell die Rolle von Religion in der Gesellschaft? Welche Haltung ist im Interesse der arbeitenden Bevölkerung?
Seit dem Beginn von Klassengesellschaften haben religiöse Strömungen dabei geholfen, bestehende Herrschaftssysteme zu rechtfertigen. Römische Kaiser wurden zu „Göttern“ erklärt, in den mittelalterlichen Reichen in Europa und Arabien ließen sich die Mächtigen ihre Herrschaft von den jeweiligen Religionen als „gottgewollt“ hinstellen. Und bis heute werden Ausgebeutete dieser Welt von Religionen auf ein besseres Leben im „Jenseits“ vertröstet.
Christentum und Islam
Die größten Religionen der Welt, das Christentum und der Islam, können beide auf eine sehr blutige Geschichte zurückblicken. In Europa wurden die Sachsen im 8. Jahrhundert zwangsweise christianisiert und die Unwilligen ermordet. Bei der islamischen Expansion im 7. und 8. Jahrhundert gab es Massenmorde und Verschleppungen an den Bevölkerungen in Palästina, Ägypten, Syrien, Mesopotamien und Kilikien. Bei den Kreuzzügen vom 11. bis zum 13. Jahrhundert gab es brutale Massaker vor allem von Seiten der christlichen Armeen, aber auch seitens ihrer moslemischen Feinde.
Später haben die europäischen Kirchen den Kolonialismus unterstützt und ihn für ihre Missionstätigkeit benutzt. Arabisch-moslemische Händler spielten jahrhundertelang eine zentrale Rolle bei der Versklavung der afrikanischen Bevölkerung. Christliche Kirchen rechtfertigten Diktaturen wie etwa den Zarismus in Russland, Franco in Spanien oder Pinochet in Chile. Und die Diktaturen in Indonesien, Pakistan, dem Iran, Katar und Saudi-Arabien stütz(t)en sich auf den Islam.
In Einrichtungen der katholischen Kirche kommt es immer wieder zu massiven (sexuellen) Übergriffen auf Kinder. In islamischen Ländern werden Frauen noch immer weitgehend als Eigentum von Männern betrachtet, werden zwangsverheiratet, zuhause eingesperrt, im öffentlichen Raum massiv bedrängt, wegen „der Ehre“ ermordet und (wenn sie religiösen Minderheiten angehören) sogar regelrecht versklavt.
Modernisierung und Arbeiter/innen/bewegung
Im Mittelalter war der islamische Orient im Bereich der Wissenschaft deutlich moderner als das christliche Europa. Und das Osmanische Reich hat die christlichen Minderheiten zwar schikaniert, aber sie konnten zumindest ganz offiziell weiterleben, während in Europa massenhaft „Ketzer“ und „Hexen“ verfolgt und ermordet wurden. Mit der kapitalistischen Modernisierung in Europa hat sich das Blatt allerdings gewendet: Im Westen mussten sich die christlichen Kirchen an die Entwicklung anpassen und modernisieren; auch wenn es etwa in den USA protestantische Fundamentalisten gibt, die allen Ernstes glauben, dass die Welt in sieben Tagen entstanden ist, und in der katholischen Kirche sehr konservative Gruppen weiterbestehen.
In Südasien und Nordafrika ist allerdings die kapitalistische Modernisierung steckengeblieben, weshalb der Hinduismus und eben auch der Islam noch stärker konservativ geprägt sind. Mit der sozialen und politischen Perspektivlosigkeit großer Bevölkerungsteile haben dort zuletzt islamistische Extremisten Aufwind bekommen, die ihre Terrorherrschaft und Massenmorde damit rechtfertigen, dass in Koran-Stellen zur Tötung aller „Kuffar“ (Ungläubigen) und zur gewaltsamen Ausbreitung des Islam auf die ganze Welt aufgerufen wird. Freilich wurden durch die vom christlichen Fundamentalisten George Bush befohlenen Bombardements im Irak und Afghanistan mehr Menschen umgebracht als durch die mittelalterlichen Mörderbanden des IS.
Religiöse Strömungen nutzen die Leere und Kälte der kapitalistischen Konkurrenzgesellschaft, den Mangel an Zugehörigkeit und Stabilität im Leben vieler Menschen, um das mit ihren Heilsversprechen zu füllen. Sie spielen jedenfalls auch heute noch eine wichtige Rolle dabei, Lohnabhängige gegeneinander aufzuhetzen, vom Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung abzuhalten und auf ein göttliches Paradies zu vertrösten.
Religion von Staat und Schule trennen!
Deshalb sollten Arbeiter/innen aller Länder und Kulturen dagegen auftreten, dass Religion Einfluss auf Politik, Recht und Gesellschaft hat. Gleichzeitig soll Religionsfreiheit bestehen, was bedeutet, dass im Privaten jede/r das Recht haben soll, zu glauben, was er/sie möchte. Aber in Staat und Schule sollten weder Islam noch Katholizismus eine Rolle spielen dürfen.
Um die religiöse Indoktrinierung von Kindern zu verhindern, sollten religiöse Privatschulen und Privatkindergärten nicht erlaubt sein. Oder zumindest sollten die staatlichen Subventionen, die bei den überwiegend kirchlichen Privatschulen immerhin 80% der Schulkosten ausmachen, beendet werden. Und jedenfalls sollten religiöse (islamische, christliche…) Dinge aus den Schulen vollständig verschwinden. Das gilt für Religionsunterricht, „Gottesdienste“ ebenso wie für Kreuze in Klassenräumen und Kopftücher bei Lehrerinnen.
Gegen solche Maßnahmen werden sich sowohl die katholische Kirche (mit ihrer Menge an Privatschulen) als auch Islamist/inn/en (mit ihren Kindergärten, die nicht nur von Österreich, sondern auch von der Türkei und Saudi-Arabien finanziert werden) wehren. Gegen sie gilt es einen politischen Kampf zu führen, einen Kampf der über die Ebene von Schulen und Kindergärten hinausgeht. Damit der Einfluss religiöser Fanatiker zurückgedrängt werden kann, muss es der Arbeiter/innen/bewegung wieder stärker gelingen, den Ausgebeuteten eine positive Perspektive in dieser Welt zu geben, sodass sich niemand in Religion flüchten muss.