12.07.2021
Obwohl die Pandemie in anderen Teilen der Welt wieder an Aufschwung gewinnt, ist die Zahl der Corona-Infektionen in Österreich zurückgegangen. Die Maßnahmen wurden gelockert und dadurch können wir zumindest wieder ein bisschen normaler leben, nach einem Jahr massiver Einschränkung des sozialen Lebens ... während im Beruf die Arbeitenden trotz zunehmender Belastung und Masken im gleichen Tempo oder sogar noch schneller arbeiten mussten.
Wenn aber das Virus bei uns eine Pause zu machen scheint, geht der Kampf der Kapitalisten und der Politiker gegen die Arbeitenden weiter: Gerade jetzt, wo man nach diesem anstrengenden letzten Jahr ein bisschen durchatmen kann, kommen die ersten Ankündigungen des Arbeitsministers Kocher.
Die „Normalisierung" auf dem Arbeitsmarkt, von dem er spricht, ist ein Musterbeispiel von dem, wie die Politiker/innen von den Arbeitenden erwarten alle Anstrengungen auf sich zu nehmen, und nichts von den Besitzenden und Großunternehmern verlangen. So sollen Arbeitslose durch mehr Kontrolle unter Druck gesetzt werden. Zynisch behauptet der Minister sogar, sie mit Sanktionen „motivieren" zu wollen. Wer sogenannte „zumutbare" Jobs nicht annimmt, soll nämlich das Arbeitslosengeld für 8 Wochen verlieren. Was die zumutbaren Jobs sind, haben wir in den vergangenen Wochen bei den Bäckern hören können: unmenschliche Arbeitszeiten auch am Wochenende, Arbeitsbeginn in der Nacht, harte körperliche Arbeit, noch dazu oft vor den heißen Öfen ... und das für 1.200 € Lohn!
Dass manche Stellen vor allem in der Gastronomie und im Tourismus unbesetzt bleiben, weil die Arbeitsbedingungen einfach dermaßen schlecht sind, dass niemand den Job annehmen will, ist für solche Leute unvorstellbar. Denn in ihren Augen sollen die Armen froh sein, wenn sie irgendeinen Job angeboten bekommen. Von der dünnen Schicht der Großkapitalisten und Superreichen dagegen wollen sie so gut wie nichts verlangen. Zig Milliarden wurden den Unternehmen während der Corona-Krise in den Hintern geschoben, wodurch die Reichsten ihr unfassbares Vermögen ausgebaut haben. Das erwähnt der Arbeitsminister aber mit keinem Wort. Die Hetze geht nur gegen die Arbeitslosen, die angeblich Millionen an Sozialbetrug gemacht hätten.
Weiters plant der Minister, das Arbeitslosengeld im Verlauf weiter zu senken. Dieses ist aber bei einer Nettoersatzrate von 55% eines der niedrigsten in Europa. Die meisten Arbeitslosen kommen dadurch nicht einmal auf 1.000 € im Monat. Aber für manche gut bezahlten Politiker/innen ist das schon zu viel. Anstatt die Unternehmen dazu zu zwingen, würdige Löhne und Arbeitsbedingungen anzubieten, wollen sie die Arbeitenden dazu zwingen, jeden noch so schlecht bezahlten Job anzunehmen.
Jede Reform der letzten Jahre, sei es die Verlängerung der Arbeitszeit oder die Abschaffung der Hacklerregelung, hatte zum Ziel, die weitere Bereicherung der Reichsten der Gesellschaft zu ermöglichen und zu vereinfachen. Und es funktioniert: Viele Arbeitende haben während der Pandemie ihre Stelle verloren und die Armut hat sich weiter verbreitet, aber die Reichen sind trotzdem reicher geworden. Der Klassenkampf, den die Kapitalisten gegen uns führen, kennt einfach keine Sommerpause.
Beim ersten Lockdown haben alle Politiker/innen mit einem gewissen Anteil an Heuchelei die sogenannten „Corona-Helden", diese Helden des Alltages, gefeiert. In der Tat sind es nämlich die Arbeitenden, die weiter produziert, geliefert und alles am Laufen gehalten haben. Dank ihnen ist die Gesellschaft nicht ganz zum Stillstand gekommen. Es hat einmal mehr gezeigt, dass ohne uns Arbeitende nichts möglich ist. Wir sind nicht nur viel zahlreicher als die Kapitalisten und die Politiker/innen in ihrem Dienst, sondern wir sind auch der Motor der Gesellschaft. Deshalb ist es völlig legitim, dass wir uns gegen die Maßnahmen der Regierung - die darauf abzielen, die Lage der Arbeiterschaft zu verschlechtern - wehren. Wir können und müssen es, damit wir nicht Opfer der Profitgier der Kapitalisten werden.