In Österreich gab es in den letzten Jahren nicht viele Arbeitsniederlegungen. Dementsprechend sind etliche Kolleg/inn/en der Ansicht, dass Streiks heute nicht mehr möglich sind. Und gar nicht so wenige Gewerkschafter/innen behaupten, dass die österreichischen Arbeiter/innen nicht kämpfen wollen. Wir halten beides für falsch.
Führende Gewerkschaftsfunktionäre/innen sind eng mit dem herrschenden System verbunden, oft über Posten in Parlament, Gemeinderat oder ähnliches. Auch manche Betriebsräte/innen sind mit dem Management verhabert und durch Vergünstigungen eingekauft. Es gibt aber auch Betriebsräte/innen, die ehrlich für die Belegschaft engagiert sind. Auch von ihnen haben etliche Zweifel, ob die Arbeiter/innen in Österreich noch zum Streiken in der Lage sind, ob Streiks machbar sind und was bringen.
Medienhetze kann besiegt werden
Ein Argument von ihnen ist, dass die Medien dermaßen gegen Streiks Stimmung machen, dass man dagegen kaum eine Chance hat. Die Macht der Medien sollte man aber nicht überschätzen: So trommeln beispielsweise die deutschen Medien seit 2 Jahren auf Kommando aus Washington erfolglos für eine scharfe Gangart gegen Russland, die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung zum Entsetzen der NATO-hörigen Medienbesitzer aber weiter dagegen ist. Zudem haben Journalist/inn/en in der Bevölkerung ein noch schlechteres Image als Politiker/innen; sie gelten bei vielen als professionelle Lügner/innen.
Und dass die Medien gegen Streikende hetzen, war schon immer so. Wen wundert es? Nicht nur, dass die Medien meist irgendwelchen Superreichen gehören; sie finanzieren sich auch über Anzeigen der Kapitalist/inn/en - und die haben es nicht gern, wenn die Arbeiter/innen aktiv werden. Wie der vielgerühmten „Unabhängigkeit der Medien“ ist es also nicht weit her. Trotzdem hat die Arbeiter/innen/bewegung (unter oft schwierigeren Bedingungen) viele soziale Verbesserungen (8-Stunden-Tag, Krankenversicherung…) erkämpft. Die Lohnabhängigen brauchen dazu eigene Flugblätter, Websites und Zeitungen und natürlich sind erfolgreiche Kämpfe trotzdem nicht leicht. Man darf dabei halt keine Angst vor Konfrontation haben. Denn wie heißt es so schön: Zu Tode gefurchten ist auch gestorben.
Auch heute sind Streiks machbar
Ein zweites Argument von Gewerkschafter/innen, die sich nicht wirklich kämpfen trauen, lautet, dass die Arbeiter/innen angeblich heutzutage gar nicht streiken wollen. In Ländern wie Südafrika oder der Türkei haben Arbeiter/innen/streiks gegen internationale Großkonzerne zuletzt ordentliche Lohnerhöhungen erreicht. Aber auch in Deutschland, das lange gemeinsam mit Österreich als „streikarm“ bezeichnet wurde, legten in den letzten Monaten die Lokführer/innen, die Postler/innen, die Kindergärtner/innen, die Amazon-Beschäftigten und Krankenpfleger/innen die Arbeit nieder.
Und in Österreich? Der letzte größere Streik in der Industrie war bei uns der Metallerstreik 2011. Durch diese Kampfmaßnahme konnten in diesem Jahr etwas bessere Lohnerhöhungen durchgesetzt werden. Die Bereitschaft zur Teilnahme seitens der Belegschaften war durchaus groß. Das Problem war eher, dass einige Betriebsräte/innen der Streik halbherzig führten, um den „eigenen“ Konzern zu schonen. Welche Kraft die Arbeiter/innen auch in Österreich haben, zeigte der Eisenbahner/innen/streik 2003: Die Beteiligung war extrem hoch. Güterwaggons stauten sich bereits hunderte Kilometer an den österreichischen Grenzen und viele Fabriken bekamen angesichts des „just-in-time“-Systems bereits echte Probleme. Dann aber hat die Gewerkschaftsführung den Kampf vorzeitig abgebrochen.
Ohne Kampf wird´s immer schlechter
Viele Kolleg/inn/en fänden Streiks zwar durchaus gut, glauben aber, dass es bei uns eben kaum welche gibt und man da nichts machen kann. Es ist verständlich und normal, dass viele das so sehen und die Stimmung so ist. Schließlich hat es in den letzten Jahren nur wenige Streiks gegeben und wir alle haben wenig Erfahrung damit. Außerdem hat die Sozialdemokratie, die einmal die Arbeiter/innen vertreten wollte, das längst aufgegeben. Ihre Führung redet mittlerweile wie die Kapitalist/inn/en von „Wettbewerbsfähigkeit“ und ihre enge Verbundenheit mit den Konzernen und Banken stinkt zum Himmel.
Manche meinen, dass es noch keine neue Arbeiter/innen/bewegung gibt, weil es „uns immer noch zu gut“ geht. Die Realität ist aber, dass es für uns Lohnabhängige seit Jahren immer schlechter wird: Man kann sich immer weniger leisten, die Arbeitslosigkeit wächst, Druck und Tempo in der Arbeit steigen immer mehr an. Immer mehr von uns haben aufgrund der Arbeitsbelastung körperliche oder psychische Schäden (Rückenprobleme, Stress, Kopfschmerzen, Schlafstörungen…). Sollen wir das alles wirklich als Normalität hinnehmen, solange wir uns nur die Miete, TV und Auto leisten können?
Selbstorganisation notwendig!
Noch weitere Verschlechterungen können wir nur verhindern, wenn wir uns wehren. Viele Kolleg/inn/en sind sich darüber im Klaren, aber sie tun nichts, weil sie nicht wissen wie und weil sie kein Werkzeug dafür sehen. Und natürlich brauchen wir ein Werkzeug, nämlich Organisationsstrukturen, um einen erfolgreichen Widerstand auf die Beine zu stellen.
Dabei reicht es auch nicht zu sagen, „ich selbst bin eh für Kampfmaßnahmen, aber die anderen wollen nicht“. Diejenigen, die es richtig finden sich zu wehren, müssen auch selber was tun, selbst aktiv werden, sich mit anderen zusammentun, weitere Kolleg/inn/en dafür ansprechen. Natürlich geht das alles nicht von heute auf morgen, aber wir müssen damit beginnen. Wir als arbeiterinnenkampf bieten uns an als Werkzeug zur Vernetzung von Kolleg/inn/en und als ein kleines eigenes mediales Sprachrohr für Arbeiter/innen.
Streiks sind und bleiben eine entscheidende Waffe der arbeitenden Klasse, denn sie treffen das kapitalistische System in seinem Kern – beim Profit! Nur diese Sprache verstehen die Kapitalist/inn/en. Wenn wir erfolgreich unsere Interessen verteidigen wollen, müssen wir diese Waffe einsetzen.