15.02.2018
Während die Regierung uns mit Abhör-Skandal, Burschenschaftsvergangenheit zahlreicher FPÖ-Prominenter und Postenschacher beschäftigt, bereitet sie die nächsten Angriffe auf die einfache Bevölkerung weiter vor. Darunter vor allem die Erhöhung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden.
Dennoch ist es für jeden normalen Menschen einfach verrückt, dass jemand heute im 21. Jahrhundert an eine Anhebung der täglichen Arbeitszeit denkt. In Österreich wurde nämlich 1889 – vor fast 130 Jahren! – erstmals, im Bergbau Seegraben (bei Leoben), der 8-Stunden-Tag erkämpft. 1918 wurde dann der 8-Stundentag für alle Fabrikarbeiter gesetzlich verankert. Jahrzehntelang hatten die Arbeitenden, bei uns und in der ganzen Welt, trotz Schikanen, Demütigung und Androhung von Arbeitslosigkeit dafür demonstriert und gestreikt.
1918 war schließlich die Zeit der Revolution und die Vermögenden fürchteten, alles zu verlieren. Sie waren deshalb auch bereit, wichtige Zugeständnisse zu machen. Das hat zu einer großen Verbesserung der Situation der Arbeiter/innen geführt, nicht nur bei der Arbeitszeit.
15 Stunden Wochenarbeitszeit bis 2030
Einige Jahrzehnte später, in den 30er Jahren, war der berühmte Wirtschaftswissenschaftler John Keynes – zwar ein Anhänger des Kapitalismus – davon überzeugt, dass sich die Arbeitszeit, dank der technischen Entwicklung, verringern würde. Er ging davon aus, dass wir im Jahr 2030 nur 15 Stunden in der Woche arbeiten werden müssen. 2030 ist für uns heute viel näher als 1930.
Wenn heute manche sog. „Wirtschaftsexperten“ sagen, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohn utopisch ist, lügen sie einfach. Auch der Achtstundentag wurde um 1900 von vielen als utopisches Hirngespinst angesehen. Unternehmer haben aufgeschrien, dass dadurch die Wirtschaft gefährdet wäre, dass die verkürzte Arbeitszeit zu einer Exportkrise führen würde, und dass die Arbeitslosigkeit dadurch steigen würde. Alles Argumente, die die Chefs immer noch verwenden, wenn sie gegen Verbesserungen unserer Arbeitsbedingungen argumentieren. Aber allen Apokalypse-prophezeienden Vorhersagen zum Trotz, der Achtstundentag wurde Realität. Und das in einer Zeit, als die Technik lang nicht so weit entwickelt war wie heute; als die Gesellschaft insgesamt, auch die Kapitalisten, nicht so reich waren wie heute.
Auch in unserer Zeit sollte man genau das Gegenteil von dem tun, was die Regierung plant: die Arbeitszeit und vor allem den Arbeitsdruck für alle verringern und dafür entsprechend mehr Kollegen einstellen – und zwar ohne, dass irgendjemand dafür auf Lohn verzichten muss. Die Unternehmen haben uns in den letzten Jahren immer mehr Arbeit aufgehalst, ohne uns dafür mehr Lohn zu zahlen. Ein geringerer Arbeitsdruck würde letztlich nur die Überausbeutung und die Belastung wieder etwas entschärfen.
Die Bosse mit ihren Verbänden sind heutzutage aggressiver denn je. Österreich ist schon heute eines der westlichen Länder, wo die Arbeitszeit am höchsten ist. Seit Jahren haben sie die sogenannte „Flexibilisierung“ verstärkt. Z.B. bei den Metallern mit einem Zeitkontosystem, das so kompliziert ist, dass viele Lohnabhängige sich gar nicht auskennen und bei der Abrechnung nicht mehr ganz den Überblick haben. Heute wollen sie uns noch weiter zurückwerfen.
Wenn wir die nächsten Angriffe zulassen, kann sich die Situation nur weiter verschlechtern, für uns und für unsere Kinder. Damit können und dürfen wir uns nicht abfinden! Sicher, das scheint heute nicht einfach. Doch der erste Schritt ist, dass wir Arbeitenden uns nicht von den Chefs, Politikern und „Wirtschaftsexperten“ einlullen lassen, sondern unsere eigenen Forderungen stellen, sie verbreiten und uns dafür stark machen.
Die Unternehmer besitzen Klassenbewusstsein und wissen, was sie wollen. Wir Arbeitenden brauchen das auch! Die Zukunft wird davon abhängen, dass wir uns wieder bewusst werden, dass wir alle zu einer Klasse gehören, dass wir uns für unsere gemeinsamen Interessen wieder zusammenschließen, über die Betriebe, Berufe und Branchen hinweg. Nur so werden wir letztlich das Kräfteverhältnis wieder umdrehen können, das im Moment zugunsten der Kapitalisten steht.