Arbeiterkämpfer Vinzenz Knoll 1926-2015

 

Am 5. November 2015 ist Vinzenz Knoll im Alter von 89 Jahren gestorben. Er war Ende der 1960er Jahre ein engagierter und kämpferischer Arbeiterbetriebsrat im Elin-Werk in Weiz (Steiermark). Gegen seine Entlassung haben die Elin-Arbeiter 1970 einen 3-tägigen wilden Streik geführt.

 

Vinzenz Knoll kam aus ärmlichen Verhältnissen, aus Kramersdorf bei Passail. Sein Vater war Schuster und starb in Kriegsgefangenschaft und liegt in Donezk begraben. Seine Mutter lebte in einem ausgebauten Kellerstöckl von einer kleinen Landwirtschaft (eine Kuh und ein Kalb). Er war der älteste Sohn und hatte 3 Geschwister (seine Mutter gebar 8 Kinder, 4 davon sind früh verstorben). Mit seinen jungen Jahren hat er im Krieg erlebt, wie nach den Bombenangriffen die Toten waggonweise aus Dresden abtransportiert wurden. Er trug eine Schussverletzung davon, kam aber nach Hause. Er hat  sich beim Elin-Werk in Weiz beworben, das Teil des verstaatlichten Elektrounternehmens Elin-Union war. Er heiratete und baute ein Arbeiterhäuschen am Rande von Weiz. Zuvor haben sie in einem der Elinhäuser gewohnt, die heute noch stehen.

 

Ende der 1960er Jahre verschlechterte sich die Auftragslage in der Starkstromindustrie zusehends, besonders der Großmaschinenbau in Weiz war zu dieser Zeit sehr schlecht ausgelastet. Die Folge war eine erste Kündigungswelle im April 1968. Im Stammwerk in Weiz kündigte man von insgesamt gut 2200 rund 320 Beschäftigte (270 Arbeiter und 51 Angestellte) und in den Wiener Werken 500 Beschäftigte. So kam es am 24. April 1968 vor dem Verwaltungsgebäude der Elin-Union in Wien, in dem gerade der Aufsichtsrat des Konzerns tagte, zu einer Demonstration von 1000 Elin-Arbeitern. Parallel dazu fanden in den vier Wiener Werken (Floridsdorf, Stadlau, Engerthstraße, Siemensstraße) Betriebsversammlungen statt.

 

Die zweite Kündigungswelle, die im Februar 1969 zu Demonstrationen der Elin-Arbeiter und Angestellten führte, betraf vor allem Weiz. Diesmal sollten 250 Arbeiter hinausgeworfen werden. Es fand ein Protestmarsch durch Weiz statt mit einer anschließenden Versammlung im Weizer Volkshaus, in der die Belegschaft erregt mit dem Betriebsrat, der Werksdirektion und dem Arbeiterkammerpräsident über die geplanten Kündigungen diskutierte. Der Hintergrund für die Kündigungen war das Ausbleiben von Aufträgen aus Amerika und den Niederlanden.

 

An all diesen Protesten war Vinzenz Knoll nicht nur beteiligt, sondern er spielte eine wichtige und kämpferische Rolle. Da er mit der zurückhaltenden Rolle der SPÖ unzufrieden war, kandidierte Knoll, aus der SPÖ kommend, bei den Betriebsratswahlen 1969 mit einer eigenen Namensliste und erhielt prompt sechs von 15 Mandaten (SPÖ 7, KPÖ 2), was bei der SP-Fraktion zu erheblicher Wut führte. Knoll galt bei der Belegschaft als konsequenter Interessensvertreter, der auch den Konflikt mit Vorgesetzten nicht scheute. Er hat sich auch für eine Lohnangleichung nach oben stark gemacht – denn im Elin-Werk Weiz wurde man für die gleiche Arbeit schlechter entlohnt als in den Werken in Wien.

 

Als sich Knoll im September 1970 wieder einmal für die Kollegen einsetzte, kam es schließlich zu einem verbalen Konflikt mit dem Meister der Abteilung Schweißerei. Die Werksleitung nutzte das, um Knoll fristlos zu entlassen. Die Elin-Arbeiter in Weiz traten daraufhin in einen „wilden Streik“, an dem sich 1.200 Kollegen beteiligten. Die Arbeitsniederlegung dauerte drei Tage, nachdem aber sowohl der SPÖ-Betriebsratsvorsitz als auch die Gewerkschaft die Unterstützung verweigerten, sahen die Arbeiter nicht, wie sie weitermachen sollten, und brachen den Kampf ergebnislos ab. Gruppen innerhalb der Arbeiterschaft drängten darauf, dass eine Betriebsversammlung einberufen werden sollte, die Entlassung von Knoll blieb aber aufrecht. Genaueres zu diesem Streik findet sich hier: http://www.arbeiter-innen-kampf.org/publikationen/marxismus-buecher/streiks-der-2-republik/elin-weiz-1970/

 

Nach seiner Entlassung hat Vinzenz Knoll bis zu seiner Pensionierung für eine Montagefirma (für die Firma Rohrbau gearbeitet, unter anderem bei der VOEST in Liezen, in Lenzing…). Unseren Informationen nach hat er sich danach nicht mehr politisch betätigt. Dass die SPÖ nicht die Arbeiterinteressen vertrat, war ihm nachdrücklich klar gemacht worden, die KPÖ schien ihm wohl, wie vielen anderen kämpferischen Arbeiter/innen in Österreich, aufgrund ihrer Verbindung mit den bürokratischen Regimes in Osteuropa wenig attraktiv – und eine andere Option war damals im Arbeitermilieu nicht sichtbar.

 

Als Naturmensch hat Knoll sich in der Pension verstärkt seinem Hobby der Bienenzucht (als geprüfter Imkermeister) gewidmet; er war bereits seit seinem 14. Lebensjahr Imker. Bei dem Arbeiterhäuschen in Weiz hat Knoll mit seiner Frau auch einen „Schrebergarten“ betrieben und die ganze Familie mit Obst und Gemüse versorgt. Er hat sich weiterhin immer der Arbeiterschaft zugehörig gefühlt und versucht anderen einfachen Leuten zu helfen. Besonders in den letzten Jahren hatte er, obwohl er nie geraucht hatte, starke Probleme mit der Lunge – was er auf das Schweißen in den Behältern damals bei der Elin zurückführte.

 

 

 

PS: Unser Dank gilt Vinzenz Knolls Sohn Peter, der uns die biographischen Informationen geschickt hat. Peter Knoll ist bildender Künstler, eine seiner Arbeiten ist ein „Denkmal für die Blaue und deren Träger“ (ein Abguss von Vinzenz Knolls Arbeitsmontur).

 

 

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