Volksbefragung in Wien: Unter anderem werden wir gefragt, ob die Wasserversorgung, die Gemeindewohnungen und die kommunalen Dienste vor einer Privatisierung geschützt werden sollen. Wir sind dafür, bei dieser Frage mit JA zu stimmen – aber wir sollten das kritisch tun...
Privatisierung = Verschlechterung
Viele internationale Beispiele zeigen, dass Privatisierung der bisher öffentlichen Dienste in der Regel bedeutet, dass die Preise für die Bevölkerung steigen und gleichzeitig die Versorgung schlechter wird. Der Grund ist klar: Es geht den privaten Besitzer/inne/n einfach nur noch um den Gewinn.
In Großbritannien wurde die Bahn privatisiert und in der Folge sind Preise und Unfallzahlen gleichermaßen explodiert. Im portugiesischen Paços de Ferreira wurde die Wasserversorgung privatisiert, die Preise stiegen um 400 Prozent, das Wasser wurde untrinkbar. Die USA haben das teuerste Gesundheitssystem der Welt, gleichzeitig sind viele der ärmeren Einwohner/innen nicht versichert und andere müssen fürchten aus der Versicherung zu fliegen. Und überall in der Welt sind die Zustände am privaten Wohnungsmarkt deutlich schlimmer als bei gemeinnützigen Wohnungen.
Obwohl fast überall die Bevölkerung dagegen ist, betreibt die EU im Interesse des Großkapitals die Privatisierung von Wasser-, Energie- und Gesundheitsversorgung. Daran sind auch auch österreichische Konzerne beteiligt – zum Beispiel die niederösterreichische EVN in Bulgarien, wo sich seit der Privatisierung die Strompreise vervielfacht haben. Und der europäische Wassermarkt steht als nächstes auf der Speisekarte der Großkonzerne. Nicht ohne Grund, wird er doch auf 100 Milliarden Euro geschätzt.
Kein Vertrauen in die Stadtregierung
Wenn bei der jetzigen Volksbefragung eine große Mehrheit gegen Privatisierungen stimmt, wird das zumindest ein Zeichen setzen und den Politiker/inne/n erschweren, die Grundversorgung an Konzerne zu verscherbeln. Vertrauen ist aber sicher nicht angebracht. Die in dieser Sache so sozial auftretende SPÖ hat bundesweit die Verantwortung für massive Privatisierungen, zum Beispiel Siemens Österreich, Chemie Linz, VOEST Alpine, AMAG, VAMED. In Wien hat die SPÖ die Zentralsparkasse / Bank Austria privatisiert sowie große Teile des Sozialbereichs im „Fonds Soziales Wien". Die Grünen sind freilich nicht besser: So sind sie in der oberösterreichischen Landesregierung gemeinsam mit der ÖVP für die Privatisierung der Energieversorgung verantwortlich. Und von ÖVP, FPÖ, BZÖ und der Stronach-Partie erwartet sowieso niemand etwas anderes als eine Großkapital-freundliche Politik.
In Wien gab es außerdem in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Ausgliederungen: Teile von Wiener Wohnen, Wienstrom, Fernwärme, Bestattung Wien, Wiener Linien und viele andere Betriebe. Immer mehr Gemeinde-Betriebe müssen nach Profit-Kriterien arbeiten. Und in den Gemeindespitälern gibt es immer mehr Leiharbeiter/innen. Dazu kamen zuletzt etliche Gebührenerhöhungen (besonders bei Wasser), die vor allem die Masse der Lohnabhängigen treffen. Und die städtische Sparpolitik geht vor allem auf Kosten der Gemeindebediensteten, die unter Personalmangel, Arbeitsdruck und Nulllohnrunde leiden.
Was stattdessen tun?
Kapitalistische Konzerne arbeiten nur für den Gewinn, die Beschäftigten sind ihnen ebenso egal wie die Konsument/inn/en. Sie pressen die Lohnabhängigen aus und, wenn es ihnen passt, werfen sie hinaus und schließen Betriebe. Wir sind deshalb nicht nur gegen Privatisierungen, sondern dafür, dass generell alle wichtigen Bereiche der Wirtschaft (besonders Banken und Großkonzerne) in öffentliches Eigentum überführt werden. Und dieses öffentliche Eigentum soll nicht von irgendwelchen Staatsbürokrat/inn/en verwaltet werden, sondern unter Kontrolle der Beschäftigten stehen.
In den öffentlichen Betrieben müssen ordentliche Gehälter gezahlt werden, es muss genug Personal geben und es müssen gute Arbeitsbedingungen herrschen. Mit einer Besteuerung von Profiten und großen Vermögen lässt sich das finanzieren. All das ist natürlich nicht durch eine Volksbefragung zu erreichen, sondern nur durch Klassenkampf und die Selbstorganisation der arbeitenden Bevölkerung.
PS: Wiener Bewerbung für die Olympischen Spiele?
Allein die Bewerbung würde 100 Millionen Euro kosten – die könnten besser für Lohnerhöhungen der Gemeindebediensteten ausgegeben werden. Solche Großveranstaltungen selbst (siehe auch die Fußball-EM in Österreich) kosten die Steuerzahler/innen dann viele Milliarden. Profitieren aber würden vor allem einige Großkonzerne, die als Sponsoren auftreten. Wenn schon Geld in Sportstätten investieren, dann lieber das Hanappi-Stadion und den Sportklubplatz renovieren oder Jugendsportplätze ausbauen – statt ein paar teure Großbauten, die nachher keine/r mehr braucht.