Marxismus-Buchreihe Nr. 20, Wien 2002, 408 Seiten, 15 Euro, ISBN 3-901831-16-9
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Editorial
Mit dem vorliegenden dritten Band Balkanföderation und Arbeiterbewegung – Projekte während und nach dem Zweiten Weltkrieg – wiederum von Manfred Scharinger – schließen wir nun nach den beiden Bänden Konzeptionen der Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg und Diskussionen in der Kommunistischen Internationale unsere Arbeit zur Geschichte der Balkanföderation ab. Dieser dritte Teil hat einen – verglichen mit den beiden ersten Bänden – wesentlich heterogeneren Charakter, was insbesondere der Tatsache geschuldet ist, das wir auf einige Themen separat eingehen, deren Bearbeitung im laufenden Text dessen Umfang gesprengt hätte.
Im ersten Teil gehen wir nun der weiteren Geschichte der Balkanföderation nach, von den Diskussionen um einen gemeinsamen Generalstab der im Entste-hen begriffenen Partisanenbewegungen auf dem Balkan bis zum vollständigen Ende der Diskussionen nach dem Bruch Titos mit Stalin. Der Charakter der Dis-kussionen in dieser Zeit ist nicht mehr von einem Ringen um eine progressive Lösung der nationalen Frage auf dem Balkan geprägt, vielmehr nimmt das Schlagwort der Balkanföderation nun die Funktion einer Waffe der nationalen KP-Bürokratien im Kampf um die eigene Vorherrschaft ein. Die Frage, inwie-fern das jugoslawische Föderationsmodell eine Balkanföderation im kleinen oder gar ein Ersatz für eine Balkanföderation ist, sowie die nach der Aktualität der Perspektive einer sozialistischen Balkanföderation beschließen diesen Teil.
In den bisherigen Teilen wurde die Aufmerksamkeit noch nicht zusammenhängend der Mazedonien-Frage gewidmet. Im vorliegenden Artikel wollen wir nun den Schwerpunkt auf Mazedonien als Zentrum und Sprengsatz der Balkanföderation legen. Schwerpunkt der Behandlung ist vor allem die Entwicklung der nationalistischen IMRO, der Inneren Mazedonischen Revolutionären Organisation, die zeitweise einer der bedeutendsten Bündnispartner der nationalbolschewistisch agierenden Komintern war.
Das Kapitel über die kommunistische Emigration in Österreich zeigt erst exemplarisch an den überlebenden Flüchtlingen der ungarischen Räterepublik die österreichische Asylgesetzgebung der Zwischenkriegszeit auf, um dann die kommunistische und nationalrevolutionäre Emigration aus den Balkanländern zu behandeln. Es handelt sich bei diesem Aufsatz um die erste auf Quellenstudien basierende Arbeit zu diesem Thema. Eine Dokumentation über die Komintern-nahe Zeitschrift La Fédération Balkanique, ein Beitrag über den bulgarischen Trotzkismus sowie Anhänge vollenden die vorliegende Arbeit.
Wir hoffen jedenfalls mit unserer dreiteiligen Dokumentation nachdrücklich auf die Wichtigkeit des Konzepts einer Balkanföderation auch und gerade als eine aktuelle Perspektive für den Balkan hingewiesen zu haben. Gerade heutzutage, nach einem für den Balkan von Krieg, weitgehender Verelendung und direkter imperialistischer Intervention beherrschten Jahrzehnt, ist der revolutionäre Kampf für eine sozialistische Balkanföderation als Teil der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa der einzige Ausweg aus der Spirale der nationalen Unterdrückung auf dem Balkan.
Inhalt
Editorial (Stefan Neumayer)
Balkanföderation und Arbeiterbewegung – Teil 3: Projekte
während und nach dem Zweiten Weltkrieg (Manfred Scharinger)
I. Stalin/Dimitroff/Tito – die gescheiterte Föderation
Volksfront, Hitler-Stalin-Pakt und Balkanföderation.
Jugoslawisch-bulgarisches Zwischenspiel
1943: Gemeinsamer Balkanstab / neuer Anlauf zu einer
Balkanföderation
Streit um Mazedonien
1944/1945: Südslawische Föderation
1947: Wiederaufnahme der bulgarisch-jugoslawischen Pläne
Stalin: „Sie haben drauflos geredet wie der jüngste Komsomolze"
Balkanföderation und Kominform-Konflikt
Albanien und Griechenland
Balkanföderation und Destabilisierung Jugoslawiens
Schlussfolgerung
II. Das föderale Jugoslawien –
ein Modell des Sozialismus für den Balkan?
Jugoslawien und / oder Balkanföderation
Föderalismus und Partisanenbewegung
Föderale Struktur – zentralistischer Staat
Titoismus und Föderalismus nach 1948
III. Bündnissysteme am Balkan nach 1945
IV. Restaurationistische Föderationspläne nach 1945
V. Für eine Erneuerung der Perspektive einer Balkanföderation!
VI. Zitierte Literatur
Mazedonien – Zentrum und Sprengsatz der Balkanföderation (Manfred Scharinger)
Mazedonien und die Mazedonier
Zur Frühgeschichte Mazedoniens
San Stefano und der Berliner Kongress
1893: Gründung der IMRO
Ilinden-Aufstand 1903
Das Erbe von Goce Delčev
Flügelkämpfe und Differenzierungen in der IMRO
Von der jungtürkischen Revolution zu den Balkankriegen
‚Serres'-Gruppe und Sozialdemokratie
Eine ungerechte Teilung
Mazedonien im Ersten Weltkrieg
Die Teilung wird bestätigt
Mazedonische Föderalisten um 1918
Friedensverträge und mazedonische Frage
Ägäis-Mazedonien ändert sein nationales Gesicht
Vardar-Mazedonien in der Zwischenkriegszeit
Staat im Staat: Pirin-Mazedonien in der Zwischenkriegszeit
IMRO 1923: Zwischen faschistischem Italien und der UdSSR
Die neue Mazedonien-Orientierung der Komintern
IMRO auf Komintern-, Komintern auf IMRO-Kurs
Die Vereinbarungen von Wien und ihre Konsequenzen
Vereinigte IMRO und Fédération Balkanique
Volksfront und mazedonische Nation
1939/1941: Mazedonienpolitik im Umbruch
Mazedonien im Zweiten Weltkrieg
Staatsgründung 1944
Widerstand und Revolution in Griechenland
Kominform-Krise 1948/1949
Griechenlands Mazedonienpolitik nach 1948/1949
Bulgarien und Mazedonien nach 1948
Die Volksrepublik Mazedonien im jugoslawischen Staatsverband
Das Ende Jugoslawiens und das neue Mazedonien
Imperialismus, mazedonischer Nationalismus und albanische Frage
Zitierte Literatur
Balkanföderation und kommunistische Emigration in Österreich (Manfred Scharinger)
Österreichische Asylgesetze
Sturz der Räterepublik und ungarische Emigration in Österreich
Polnische und ukrainische Emigration
1921: Beginn der jugoslawischen Emigration
Stjepan Radić und die kroatische Emigration in Österreich
1923-1926: Inprekorr in Österreich
1923: bulgarische Katastrophe
Leitungsarbeit in der Illegalität
Wien als „kommunistische Balkanzentrale"?
Rumänische und albanische Emigration
Mazedonisches Exil in Österreich
Aktivitäten der sowjetischen Mission
Zusammenfassung
Zitierte Literatur
La Fédération Balkanique (1924-1931) – Ein Zeitschriftenprojekt der Komintern zur Umgruppierung am Balkan (Manfred Scharinger)
Trotzkismus in Bulgarien (Manfred Scharinger)
Anhang
Dokument 1: Die Zukunft Mazedoniens und Thraziens. Resolution der
Kommunistischen Balkanföderation, Ende 1923
Dokument 2: Manifest der Vereinigten IMRO
Dokument 3: Leo Trotzki: Eine Diskussion über Griechenland
(Frühjahr 1932)
Personenverzeichnis