Im Mai beziehungsweise Juni 1974 kam es in Wien zu zwei Arbeitskämpfen, zu einem erbitterten Kampf der kleinen Belegschaft der Hukla-Fabrik und der kurzen Arbeitsniederlegung bei Simmering-Graz-Pauker. Während die über 4.000 Beschäftigten von Simmering-Graz-Pauker auch ohne gewerkschaftliche Unterstützung durch einen zweistündigen Streik bezüglich ihrer Lohnforderungen einen Teilerfolg erzielten, wurden die Arbeiter/innen von Hukla in einen wochenlangen Kleinkrieg verstrickt.
Die Polstermöbelfabrik Hukla in Wien-Favoriten gehörte zu einer deutschen Firma. 80% der 110 Arbeiter/innen waren Frauen (besonders Näherinnen), mehr als die Hälfte der Beschäftigten kam aus dem Ausland, vor allem aus Jugoslawien. Mitte Mai 1974 verlangte die Belegschaft die Anhebung der Löhne im Ausmaß des kurz zuvor abgeschlossenen Kollektivvertrages für die holzverarbeitende Industrie. Geschäftsführer Neumeister entsprach dem aber nur bei den Facharbeiter/inne/n, nicht bei den Akkordrichtsätzen. Davon betroffen waren vor allem die Frauen im Betrieb.
Die beiden Arbeiter/innen/betriebsrätinnen brachten eine gemeinsame Vorgangsweise mit ihren beiden männlichen Kollegen zustande. Eine Betriebsversammlung verlangte einstimmig einen Zuschlag von 3% auf die gewährte Lohnerhöhung, für den Fall der Nichterfüllung wurde passive Resistenz angekündigt. Als der Geschäftsführer der Forderung nicht entsprach, kam es zur Kampfmaßnahme. Etwa ein Drittel der Beschäftigten beteiligten sich an der Aktion, und binnen zwei Wochen sank die Produktion auf 30% des Üblichen. Der Geschäftsführer versuchte nun das Problem mit Repression zu lösen und erklärte öffentlich, er habe „die sechs größten Schreier rausgeschmissen": fünf österreichische Arbeiter/innen und einen jugoslawischen. Ein Teil der Belegschaft trat nun in den Solidaritätsstreik – prompt schickte ihnen die Direktion die fristlose Entlassung. Neumeister stellte klar, dass es ihm nicht mehr um die Lohnhöhe ging, und lehnte eine Wiedereinstellung der Entlassenen kategorisch ab. Als die Gewerkschaft der Bau- und Holzarbeiter/innen die Rücknahme der Entlassungen forderte, drohte die Hukla-Geschäftsführung mit der Stilllegung des Produktionsbetriebes.
Die ausländischen Arbeiter/innen beteiligten sich aufgrund ihrer arbeitsrechtlichen Unsicherheit nicht am Streik. Die Betriebsleitung versuchte sie als Streikbrecher-/innen einzusetzen. Um das zu verhindern, wurden Streikposten aufgestellt. Die Direktion wiederum forderte die Polizei an, die auch tatsächlich die Sicherung des Transportes der Jugoslaw/inn/en auf das Betriebsgelände übernahm, aber ein weiteres Eingreifen ab-lehnte. Rund um die Uhr kampierten etwa zwanzig Arbeiterinnen und Arbeiter vor dem Betriebsgelände und verhinderten die Ein- und Ausfahrt von Lieferwägen. Als die Firmenleitung einen Güterwaggon in das Werk zu rangieren versuchte, legten sich Arbeiter/innen auf die Schienen und vereitelten so die Absicht.
Direktor Neumeister stellte nun beim Einigungsamt einen Antrag auf Entlassung der Betriebsrät/innen. Die Vorwürfe waren Erpressung, gefährliche Drohung, Nötigung, Hausfriedensbruch und Einschränkung der persönlichen Freiheit. Der zuständige Richter beim Einigungsamt schaltete den Staatsanwalt ein. Angesichts dieser Entwicklung spielte nun die Gewerkschaft eine ausgesprochen schmutzige Rolle.
Die passive Resistenz bei Hukla war auf Anraten der Gewerkschaft zustande gekommen. Auch der Streikbeschluss war mit dem Einverständnis der Gewerkschaft gefasst worden. Dann hatte die Gewerkschaft Gespräche mit der Direktion geführt, um eine Rücknahme der Entlassungen und die Einhaltung des KV durchzusetzen. Dabei hatte sie bereits der Bedingung entsprochen, dass die Betriebsrät/innen nicht dabei sein dürfen. Nach der Einschaltung des Staatsanwaltes kapitulierte die Gewerkschaft völlig: Sie akzeptierte das Angebot der Firmenleitung einer Erhöhung der Akkordlöhne um 13% und der Bezahlung des Mindestlohns für die Streiktage (die Differenz zum Ist-Lohn sollte durch die Gewerkschaft beglichen werden). Das Zentrale aber: Die meisten Entlassungen sollten zurückgenommen werden, nicht aber die der ersten sechs Entlassenen sowie der vier Betriebsrät/innen. Die Entlassungen sollten lediglich in Kündigungen umgewandelt werden bei gleichzeitiger Rücknahme der Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft.
Das bedeutete nichts anderes, als dass Betriebsrät/innen, die man zu einem Konflikt ermutigt hatte und die sich konsequent für die Belegschaft eingesetzt hatten, bei etwas heftigerem Gegenwind fallengelassen wurden, ihr Abschuss durch die Firmenleitung hingenommen wurde. Und nicht nur das: Die Betroffenen wurden auch noch massiv unter Druck gesetzt. Gewerkschaftssekretär Millendorfer verlangte von den Betriebsrät/inn/en die Zustimmung und drohte, dass sie sonst „hinter Kerkermauern landen" und aufgrund der Schadensersatzklagen ihre „Kindeskinder noch dafür zahlen" würden. Das Ersuchen um Bedenkzeit wurde brüsk abgelehnt und die sofortige Zustimmung gefordert.
Dass eine deponierte Strafanzeige gar nicht widerrufbar ist, wussten die Betriebsrät/innen nicht, und die Gewerkschaft sagte es ihnen auch nicht. Tatsächlich untersuchte die Staatsanwaltschaft, trotz der erpressten Zustimmung der Betriebsrät/innen zu der „Einigung", den Fall weiter (mit negativem Ergebnis). Auch die Schadensersatzklage wäre, handelte es sich doch um einen gewerkschaftlich sanktionierten Streik, höchstens an die Adresse der Gewerkschaft zu richten gewesen. Die Gewerkschaftsbürokratie hat hier also im engsten Sinne des Wortes die Betriebsrät/innen betrogen.
Zwei der Hukla-Betriebsrät/innen versuchten, sich bei einer Informationskonferenz der Wiener Betriebsrät/innen der Holzindustrie an ein breiteres Forum zu wenden. Sie wurden aber nicht vorgelassen, da sie nun ja keine Betriebsräte/innen mehr seien. Die Verlogenheit und der pro-Unternehmer-Standpunkt des ÖGB zeigten sich auch in einer (Wochen später, nach innergewerkschaftlicher Kritik korrigierten) Presseaussendung nach Ende des Streiks, in der von „Fehlreaktionen sowohl der Firmenleitung als auch der kommunistischen Betriebsräte" die Rede ist. Die Gewerkschaftsführung nahm damit zwischen der repressiven Werksleitung und den dagegen angehenden Betriebsrät/inn/en eine neutrale Position ein und versuchte auch noch die Betriebsrät/innen politisch zu diskreditieren. Tatsächlich gehörten drei Betriebsräte/innen zur sozialdemokratischen Fraktion und war ein Betriebsratsmitglied parteilos; alle vier waren auf einer FSG-Liste gewählt.
Was die ÖGB-Bürokratie offensichtlich störte, war die Tatsache, dass die Streikenden die Hilfe von studentisch/intellektuell dominierten linken Gruppen (der eurokommunistischen FÖJ, des maoistischen KB und der trotzkistischen GRM) angenommen hatten. In dem kleinen Betrieb waren streikhemmende betriebshierarchische Strukturen offenbar wenig ausgeprägt. Die vier Arbeiterbetriebsrät/innen agierten in ständiger Rückkoppelung mit der Belegschaft, standen den Arbeiter/innen näher als der Gewerkschaftsbürokratie.
Lediglich 34 Arbeiter/innen waren bei Hukla im Streik. Der fast vier Wochen dauernde Arbeitskampf war aber einer der längsten der Zweiten Republik. Er endete nicht nur mit einer Niederlage in der Lohnfrage, sondern es schieden auch der gesamte Arbeiter/innen/betriebsrat und ein Großteil der Belegschaft aus dem Betrieb aus. Die meisten Entlassungen wurden zwar zurückgenommen, doch nur eine Arbeiterin nahm das Angebot an, alle übrigen Streikenden kehrten nicht wieder in den Betrieb zurück.